Wir sind schuld an der Ermordung des geehrten Gelehrten!
Der heutige Text bezieht sich auf den geehrten Märtyrer Scheich Nimr. Er könnte aber auch auf andere unschuldige und friedliebende Gelehrte bezogen werden, die von anderen Tyrannen ermordet worden sind wie z.B. Muhammad Baqir Sadr und seine Schwester Bint-ul-Huda, die durch den damals vom Westen unterstützten Verbrecher Saddam ermordet wurden.
Wenn ich sage: „Wir sind schuld“, dann muss gefragt werden, wer sind „Wir“? Zunächst einmal sind „Wir“ die gesamte Menschheit, die bei so vielen Morden und Massenmorden schweigt, sei es die Massenmorde der Verhungernden in der ganzen Welt, für die wir alle mitverantwortlich sind, oder die Morde von Tyrannen, die vor unseren Augen durchgeführt werden. Die in allen Religionen angedrohte Hölle ist nicht leicht zu erlangen. Es bedarf schon der Beteiligung an Massenmorden, und sei es durch leichtfertige Schweigsamkeit, obwohl uns allen eine Zunge anvertraut wurde um die Wahrheit auszusprechen. Aber dieser Text ist nicht für alle Menschen geschrieben, denn das liegt weit außerhalb unseres Aufgaben- und Verantwortungsbereichs.
„Wir“ könnten auch wir Muslime sein, die jetzt angesichts des Verbrechens der Saudis von deren westlichen Auftraggebern gegeneinander aufgehetzt werden sollen. Keine Nachricht vergeht, in dem die Verbrechen der USraelischen Saudis als „Machtkampf von Sunniten gegen Schiiten“ propagiert werden. Aber saudische Machthaber sind weder Sunniten noch Schiiten. Sie sind nicht einmal mehr Wahhabiten. Sie sind übelste Terroristen und Massenmörder im Auftrag des westlichen Imperiums. Doch auch ein Text für die Gemeinschaft aller deutschsprachigen Muslime wäre eine Überforderung für meine Wenigkeit. Ich maße mir weder an für alle Muslime zu sprechen noch allen Ratschläge zu erteilen.
„Wir“ könnten auch wir Schiiten sein, denen die Gnade der Liebe zu den Ahl-ul-Bait geschenkt wurde, und die am stärksten von allen Menschen die Hoffnung auf die baldige Rückkehr des erwarteten Erlösers hegen. Es sind weltweit hunderte Millionen Schiiten, die seit Jahren zu den saudischen Verbrechern schweigen. Es sind dutzende Millionen Schiiten, die immer noch in der Führung der Westlichen Welt irgendein Heil sehen, und den mörderischen Imperialismus, den Raubtierkapitalismus und die Kriegstreiberei nicht ernst nehmen. Es sind wir Schiiten, die den heutigen Imam der Umma im Stich gelassen haben! Die Heiligkeit unserer Zeit hat gleich zwei Briefe an die Jugend im Westen formuliert. Beide Briefe sind epochal, beide Briefe sind in der Geschichte der Schia als historisch einzustufen, geradezu einmalig. Der zweite aktuelle Brief ist noch bedeutsamer und umfangreicher als der erste Brief! Er ist so bedeutsam, dass das Weltimperium vor Imam Chamene’is Worten ernsthafte Angst hat; eine Angst, die das mörderische Imperium sonst nicht kennt. Sämtliche deutschsprachigen Medien haben den Brief ganz bewusst verheimlicht. Kein Wort jenes Briefes sollte die deutsche Jugend erreichen. Die Verantwortung lag somit auf uns Schiiten in Deutschland. Wir sollten das Wort verbreiten. Und was haben wir getan? Mindestens eine Million Schiiten in Deutschland haben geschwiegen! Eine Million Schiiten haben den Imam im Stich gelassen. Eine Million Schiiten haben die Worte, die Imam Chamene’i an die Jugend im Westen verbreitet sehen wollte, mit keinem Finger und keinem Atemzug unterstützt. Die aller Ängstlichsten hätten doch zumindest dafür beten können, dass der Brief Verbreitung finden möge. Einige kleine Gruppen haben mehr oder minder hilflos Einiges im Internet gepostet und einige bescheidene Posterverteilaktionen gestartet, eher um das eigene Gewissen zu beruhigen. Eine „spektakuläre“ Aktion mit einem Poster in einer Stadt führte dazu, dass manche Muslime zu dem Poster gereist sind, um sich damit zu fotografieren. Aber allein die Tatsache, dass jene Posteraktion als so „spektakulär“ angesehen wurde, ist ein weiterer Beweis dafür, wie sehr wir den Imam insgesamt im Stich gelassen haben. Wir lassen den Imam im Stich und dann kommen einige Neunmalkluge und behaupten, der Imam hätte versagt, weil er die Schiiten nicht schützen könne. Haben denn die Schiiten jemals die Geschichte Imam Alis (a.) gelesen? Konnte er (a.) Abu Dharr und andere großartige Gelehrte seiner Zeit schützen? Und warum nicht? Weil seine Anhänger ihn im Stich gelassen haben! Sind wir alle wie das Volk von Kufa?
Das Verhalten in Deutschland mag der Höhepunkt der Tatenlosigkeit der Schiiten im Westen gewesen sein, aber im Prinzip war es in den anderen europäischen Ländern nicht anders. Die Westliche Welt schläft nicht. Sie sind wach, wenn es um die Verteidigung des Goldenen Kalbes geht. Sie beobachten, wie die Schiiten reagieren. Sie beobachten, wie die Schiiten die höflichen Bitten ihres Imam befolgen, gestern und heute. Der bösartige Raubtierkapitalismus hat Angst vor jedem Freiheitskämpfer der seine Zunge und seine Tastatur friedlich einsetzt. Sie haben keine Angst vor Waffen, denn das ist ihr Spezialgebiet. Aber sie haben Angst vor einer Befreiungstheologie, wie sie Imam Chamene’i mit Worten vertritt. Sie haben Angst vor jedem Wort Imam Chamene’is, dass seien friedliebenden Anhänger in die ganze Welt verbreiten. Sie haben Angst vor seinem ersten Brief und seinem zweiten Brief an die Jugend im Westen. Aber ihre Angst ist verflogen, als sie gesehen haben, wie die Schiiten mit dem Brief umgehen. Der schiitische Dachverband in Deutschland hat geschwiegen, die angeblich mit dem libanesischen Widerstand sympathisierenden Gemeinden haben geschwiegen, fast alle Turbanträger haben geschwiegen (die wenigen Ausnahmen müssen nicht erwähnt werden, denn sie sind bekannt), und das hat den Verbrechern Mut gemacht. Wo sind die vielen schiitischen Gemeinden in Deutschland? Wo sind sie in Europa oder in der Welt?
Mir ist bewusst, welche Entrüstung ich mit folgender Aussage auslösen werde, aber es ändert nichts an deren Wahrheitsgehalt und es wird Zeit, dass wir aufhören die Schuld bei Imperialisten, Kapitalisten, Kolonialisten, Nationalisten und sonstigen abartigen „isten“ zu suchen: Wir Schiiten – insbesondere in Deutschland – sind in erheblichem Maß mitschuldig an der Ermordung des geehrten Scheichs Nimr! Unsere weltweite Schweigsamkeit war der Nährboden für das saudische Massaker im Auftrag des USraelischen Imperiums, und wir deutschen Schiiten sind ein Teil davon. Unsere Ängstlichkeit hat ihnen Mut gegeben. Wenn wir von vornherein der Westlichen Welt klar gemacht hätten, dass ihre Verbrechen unseren Zusammenhalt mit dem Imam nur stärken würden, wenn die westliche Welt gewusst hätte, dass dieses Verbrechen die Befreiungstheologie, dessen Flaggenträger Imam Chamene’i ist, gestärkt hätte, dann hätten sie es nicht getan! Sie wären vorsichtiger gewesen, denn sie hätten gewusst, dass der dann bereits zu Tausenden und Abertausenden verbreitet Brief, motiviert verteilt durch Tausende Anhänger der Befreiungstheologie des Friedens, der Freiheit und der Liebe, nach jedem solchen Verbrechen nur noch intensiver verteilt werden würde.
Die Terroristen sind Verbrecher, aber sie rechnen auf ihre Art. Sie haben Erfahrungen. Als der großartige Gelehrte Großayatollah Muhammad Baqir Sadr 1980 mit seiner ebenfalls gelehrten Schwester Bint-ul-Huda auf grausamste Weise von Saddam hingerichtet worden ist, war die schiitische Welt im Großen und Ganzen schweigsam. Warum? Ayatollah Sadr hatte gesagt: „Verschmelzt euch mit Imam Chomeini, wie er sich mit dem Islam verschmolzen hat!“ Ayatollah Sadr hatte mit seiner friedlichen Zunge die Muslime dazu aufgerufen, sich mit der Heiligkeit ihrer Zeit zu verbinden. Hätten die Schiiten auch nur zu einem geringen – wenn auch bedeutsamen – Teil reagiert, dann hätte die westliche Welt es nicht gewagt, Saddam diesen Auftrag zu geben. Aber die Muslime haben geschwiegen, die Schiiten haben geschwiegen. Die absolute Mehrheit der Schiiten hat Imam Chomeini bekämpft! Die Iraker leiden heute noch darunter, dass sie solch großartige Persönlichkeiten damals wie heute im Stich gelassen haben. Es wird Zeit diese Dinge auf den Tisch zu bringen. Viele von denjenigen, die heute so tun, als wenn sie auf der Seite von Imam Chomeini standen, haben zu dessen Lebzeiten geschwiegen! Und was nützen 20 Millionen Pilger zu Arbain in Kerbel, wenn wenige Wochen danach weltweit mehrere große Anhänger Imam Chamene’is massakriert werden und von jenen 20 Millionen ist noch nicht einmal ein räuspern zu hören.
Die allermeisten der aktiven Schiiten in Deutschland waren zur Zeit der Ermordung Ayatollah Sadrs noch kleine Kinder oder noch nicht geboren. Sie trifft keine Schuld. Aber heute gibt es den Ruf des heutigen lebendigen und unter uns weilenden Vertreters Imam Alis (a.). Es gibt den Aufruf zum Frieden. Es gibt den Aufruf zum Überwinden von Schubladendenken. Imam Chamene’i hat zu Weihnachten die Märtyrerfamilien der Christen besucht! Und er hat seine persönlichen Vertreter weltweit gebeten, es ihm gleich zu tun. Imam Chamene’ hätte mehr als genug Spendengelder, eine einzigen Sender zu finanzieren, der seine Reden zeitnah mit englischen Untertiteln weltweit verbreitet. Aber er gibt dieses Geld dafür nicht aus, so lange es Hungernde in der Welt gibt. Die wahre Befreiungstheologie ist eben anders. Und wie ist es mit uns? Haben wir Schiiten nicht hinreichend Persischsprachige unter uns, die jeden Atmzug Imam Chamene’is zeitnah übersetzen könnten? Warum tun wir es nicht? Und wenn die Persischsprachigen keine Zeit finden, wie ist es mit uns Deutschsprachigen, die wir alle Englisch können? Übersetzen wir zumindest das, was im Englischen vorliegt? London-finanzierte Schiiten haben 20 Satteliten-Sender in allen Sprachen der Welt. Sie verbreiten 24 Stunden lang den Antiheiligkeits-Islam: Ja, wir Schiiten sollen für Imam Mahdi sein (möge er bald erscheinen), aber auf keinen Fall für Imam Chamene’i. Jegliche Annäherung an ihn wäre „Übertreibung“. Jegliche Liebe für den Flaggenträger der heutigen weltweiten Befreiungstheologie wäre „Übertreibung“. Sein Friede mit Christen wäre nicht Ahl-ul-Bait-like. Doch 20 von den Briten finanzierte Sender für einen Möchtegerngelehrten, dessen einzige Aufgabe darin besteht, die Liebe zu Imam Chamene’i abzuwehren, soll keine Übertreibung sein? Und während wir Schiiten darüber diskutieren, in welchem Maß man Imam Chamene’i unterstützen darf oder nicht, wird ein Anhänger des Imams nach dem anderen durch die Westliche Welt und ihre Schergen öffentlich massakriert, erst in Nigeria, jetzt in Saudi-Arabien, vorher schon in Syrien, Irak und vielen anderen Ländern der Welt.
Wir müssen uns ändern, denn Gott ändert unsere Lage nicht, bevor wir nicht das ändern, was in unseren Seele steckt. Und wenn ich am Ende des Artikels von „Wir“ spreche, dann meine ich nicht die andern, sondern wirklich uns: Meine Wenigkeit und Meinesgleichen! Wir müssen uns fragen, was wir falsch machen, denn das, was die anderen falsch machen, ist offensichtlich. Es ist offensichtlich in einer Zeit, in der das Licht Imam Chamene’i so deutlich scheint, was diejenigen falsch machen, die ihn im Stich lassen. Aber was machen wir falsch, wir diejenigen, die glauben ihn nicht im Stich zu lassen, die regelmäßig am Quds-Tag teilnehmen, die auch versuchen den Brief zu verbreiten? Was machen wir falsch?
Kann es sein, dass wir zwar sehen, dass Imam Chamene’i die Christen besucht, wir selbst aber zurückhaltend diesbezüglich sind, weil wir Ablehnung fürchten? Die zu lieben, die einen selbst lieben, das kann auch ein Verbrecher. Die zu lieben, die dich nicht lieben, das ist die Kunst des Gottverliebten und ihr Merkmal! Lieben wir unsere schiitischen Geschwister hinreichend? Ich meine nicht die London basierten Takfiri-Schiiten. Aber es gibt hinreichend andere Schiiten, die den Weg zu Imam Chamene’i noch nicht gefunden haben, lieben wir sie dennoch hinreichend, oder weisen wir sie ab? Lieben wir unsere sunnitischen Geschwister? Ich meine nicht die Handvoll Takfiri-Sunniten. Aber wie ist es mit der absoluten Mehrzahl der Sunniten, die in die Falle der imperialistischen Propaganda laufen und glauben, die Verbrechen der Saudis hätten irgendetwas mit den Meinungsunterschieden zwischen Schiiten und Sunniten zu tun. Lieben wir sie und versuchen ihnen liebevoll zu erklären, dass die Liebe stärker ist? Ziehen wir 70 Mal den Weg der Liebe vor, bevor wir auf jegliche Abneigung reagieren?
Möge es bei Ihnen, verehrte Leser, so sein! Für meine Wenigkeit gilt das definitiv nicht. Und damit bin ICH schuld an dem, was geschieht. Doch noch lebe ich – Gott sei Dank – und der Weg der aufrichtigen Reue ist mir noch offen. So muss ich mich verändern, damit die Welt sich verändern kann. Denn wer das Leben auch nur eines einzigen Menschen rettet, ist so, als wenn er die gesamte Menschheit gerettet hat. Nur wenn das Licht der Liebe mein Herz überflutet, kann es auch nach draußen scheinen. Das Opfer Scheich Nimrs oder Scheich Zakzakys sollten hinreichende Liebesbeweise wahrer Liebenden sein, um das zu verstehen. Und es gibt noch viel von Ihnen in dieser Welt, auch wenn wir sie nicht alle kennen.