Muslim-Forum
Willkommen im Forum der Muslime für deutschsprachige Gottesehrfürchtige

Alle Autoren des Forums zeichnen mit ihrem realen Namen



Ohne Liebesfaszination können wir die Wahrheit kaum vertreten

#1 von Yavuz Özoguz , 24.11.2017 21:01

Ohne Liebesfaszination können wir die Wahrheit kaum vertreten

Die Angelsachsen haben uns mit ihrem Dudelsack besiegt, obwohl wir den Quran haben und Adele lädt zum Westen ein.



Immer wieder werden wir mit der Frage konfrontiert, warum der Islam sich nicht mit enormer Geschwindigkeit in der westlichen Welt verbreitet, wenn er doch die Wahrheit sei. Mehr oder weniger hilflos antworten wir, dass der Islam die am schnellsten wachsende Religion in Deutschland sei. Aber das liegt nur daran, dass die Kirchen schrumpfen und viele Juden mehr an den Zionismus als an Gott glauben. Eigentlich ist die am schnellsten wachsende Religion in Deutschland der Atheismus. Wir Muslime mit unserer Einladung zur Himmelfahrt beim Gebet schaffen kaum ein echtes Gegengewicht. Woran liegt das? Einstmals war es anders.

Erreichen wir viele Nichtmuslime in Deutschland nicht, weil sie niemals auf ihre Jahrhunderte alte Kultur des Bieres verzichten würden? Das ist Unsinn. Die Deutschen haben gerade eine mehrere Jahrtausende alte Kultur der Ehe zwischen Mann und Frau auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Warum sollte es da nicht auch möglich sein, von etwas Jahrhunderte lang Falschem zu etwas Richtigem zu wechseln? Oder werden viele Nichtmuslime unter den Deutschen auf ihrem Schweinefleisch bestehen? Auch das kann von heute auf morgen kippen. Schweinefleisch war immer das Fleisch der Armen und ist nur deswegen so interessant für Kapitalisten, weil es das am schnellste wachsende Fleisch ist. Sobald genügend Menschen verstehen, wie schädlich das einzige Vieh ist, das alle Schadstoffe in den Zellen einlagert, weil es nicht schwitzt, wird die Schweineindustrie innerhalb kürzester Zeit umstellbar sein. Es gibt auch so schon viele Vegetarier. Oder bestehen die Nichtmuslime unbedingt darauf jede Frau halbnackt sehen zu dürfen und jede Frau anfassen zu müssen? Nein, ganz sicher nicht. Auch Nichtmuslime wünschen sich eine würdige Ehefrau, eine würdevolle Mutter, eine würdevolle Tochter und würdevolle Menschen in ihrer Umgebung. Und sobald sie verstehen, dass die ihnen vorbehaltene Berührungsexklusivität und die Exklusivität des Blickgenusses eine enorme Stärkung der Familie bewirken und zudem die Liebe immer weiterwachsen lassen, werden sie das gerne praktizieren.

Was aber ist der Grund, dass wir nicht hinreichend viele Menschen erreichen? Wie hat eine einstmals so schwache Kultur, bei der die Fürsten im Mittelalter noch ihre Notdurft in die Ecken ihrer Paläste verrichtet haben und Diener hinter ihnen herwischen mussten, es geschafft, die kultivierten Muslime zu überwinden? Der Grund hat vereinfacht zwei Aspekte: Die Muslime haben den Islam verlassen und die westliche Welt hat es geschafft ihren Bevölkerung zumindest ein Gefühl von Gottesnähe spüren zu lassen, selbst wenn es trügerisch war. Hört euch doch einmal das Lied „Amazing Grace“ mit dem Dudelsack an [1]. Millionen von Angelsachsen, aber auch Deutschen können mitsingen. Und wenn es schön gespielt und gesungen wird, brechen viele in Tränen aus. Der Text ist zum Mitsingen geeignet: „Erstaunliche Gnade, wie Süß ist der Klang, der einen Verlorenen wie mich gerettet hat, früher war ich verloren, jetzt weiß ich, wo ich bin, ich war blind, aber jetzt kann ich sehen….“ Ist das nicht ein Gebet des Islam? Sie haben Hunderte solche Lieder! Sie sind mit ihren Dudelsäcken in die muslimischen Länder einmarschiert und wir haben überhaupt nicht mehr gesungen.

Der Islam lehrt uns, dass es zwei Arten von Anstrengungen gibt, den großen Dschihad und den kleinen Dschihad. Der große Dschihad ist der Kampf des Individuums gegen das Böse in seinem eigenen Herzen, der Kampf gegen das Ich. Das kollektive Spiegelbild dazu liegt in den kulturellen Anstrengungen. Militärisch ist ein von Gott überzeugtes Volk unbesiegbar. Jede Einzelperson, jede Gemeinde, jeder größere Zusammenschluss von Menschen bis hin zu einem Staat, ist militärisch unbesiegbar, wenn bei nur einem gewissen Teil der Mitgleider die feste Überzeugung von Gottes Gegenwart besteht. Der Iran, der Irak, der Libanon, Syrien und bald auch Jemen sind Beweise für diese These. Aber im Kulturkampf sieht es anders aus. Nicht umsonst hat Imam Chamenei uns so eindringlich auf den Kulturkrieg, den sogenannten Softwar hingewiesen [2].

Manche glauben, es genüge beim Softwar, die „Angriffe“ des Gegners abzuwehren. Wenn wir Pornos und andere Zügellosigkeiten verhindern können, sei es genug. Aber wir verlieren unsere Jugend, wenn wir es uns so leicht machen. Die Jugend lebt in einer Umgebung, in der es nicht nur Pornos und Zügellosigkeit gibt, wie es manche glauben. Es gibt auch Liebe, Begeisterung, Faszination. Selbst wenn die Faszination nicht direkt zu Gott führt, so beinhaltet sie doch viele Aspekte zur Wahrheit. Sie werden den Jugendlichen trügerisch „verkauft“, und wir begrenzen uns „abwehren“?! Das wird nicht funktionieren.

Ich will versuchen es an drei Beispielen zu erläutern. Das erste Beispiel ist ausschließlich für weibliche Leser gedacht. Die derzeit in der westlichen Welt berühmteste Sängerin mit den höchsten Verkaufszahlen an Lieder heißt Adele. In einem Konzert in der Royal Albert Hall mit 10.000 Menschen sang sie eines ihrer berühmtesten Lieder mit dem Titel: „Someone like you“. Die Geschichte ist schnell erzählt: Ihr lange geliebter Freund verlässt sie, aber sie vergibt ihm, wünscht ihm viel Glück bei seiner neuen Frau und alles Gute, gibt aber zu, dass es noch schmerzt. Liebe weibliche Leser, schaut euch das Lied [3] an und achtet einmal darauf, was in Minute 2:46 und noch deutlicher in 3:37 passiert. 10.000 Menschen singen gemeinsam den Refrain in einer Weise, dass jedem Menschen, der in der westlichen Welt sozialisiert wurde, ein Gänsehautfeeling überkommt.

Das zweite Beispiel ist ein Sänger namens Snow Patrol. Auch sein Lied handelt von Trennung. Der Refrain könnte genau so gut ein Gedicht eines islamischen Mystikers vor mehreren hundert Jahren sein: „Erleuchte, erleuchte, als wenn Du es selbst wählen könntest. Selbst wenn Du meine Stimme nicht hörst, bin ich doch unmittelbar bei Dir“. Der Sänger fängt das Lied an zu singen und wird dann von den zehntausenden Mitsingenden so überwältigt, dass er selbst aufhört zu singen und nur das Publik weitersingt [4].

Das dritte Beispiel ist ein Kitesurfer in warmen Gewässern [5]. Es gibt sie aber auch an der Nordsee. Dort müssen sie mit Neoprenanzügen surfen. Sie schauen jeden Tag den Wetterbericht, und wenn ordentlich Wind angekündigt ist, lassen sie vieles liegen und gehen Surfen. Um das zu können, haben sie monate- teil jahrelang geübt. Sie sind immer wieder ins Wasser gefallen, immer wieder aufgestanden. Sie haben sich nicht entmutigen lassen, nur um dieses unglaubliche Gefühl zu genießen. So manches Studium eines begabten Studenten hat deswegen länger gedauert. Er bekommt kein Geld dafür, sondern im Gegenteil er muss viel Geld ausgeben. Enorme Mühen, viel Geld, teilweise extrem früh aufstehen, wenn Wind angesagt ist, und das alles für einige Minuten eines unglaublichen Gefühls im Wind Allahs.

Und da sind wir auch schon bei der Gemeinsamkeit aller drei Videos. Die Teilnehmer haben jeweils eine Gänsehaut und Schauer über den Rücken, ganz ohne Alkohol! Sie fühlen in dem Moment etwas, was sie nicht genau beschreiben können, aber es ist wunderschön und sie wollen es wieder und wieder spüren. Das Gefühl macht süchtig. Leider wird das vom Kapitalismus für kapitalistische Zwecke missbraucht, aber das ist ein anderes Thema.

Kommen wir nun zu uns. Was sollen wir diesem jungen Menschen in Deutschland anbieten, der dieses Gefühl kennt und es liebt? Es ist nicht vermessen zu sagen, dass er sich in dem Moment Gott näher fühlt. Was sollen wir ihm anbieten? Was ist er nicht alles bereit auf sich zu nehmen, nur um diese Gefühl genießen zu können? Und er ist auch bereit, dieses Gefühl zu verteidigen, was wiederum von den Imperialisten bösartig missbraucht wird.

Aber was sollen wir ihm anbieten? Sollen wir dem Konzertteilnehmer sagen, dass alles, was er hört, verboten (haram) ist, und er deswegen in die Hölle kommt, zumindest im ewigen Leben? Das interessiert ihn in dem Moment nicht. Es ist ein Rausch! Oder sollen wir dem Kitesurfer sagen, dass er bei unserem wundervollen Ritualgebet eine Himmelfahrt machen kann, wenn doch viele von uns das selbst nicht glauben. Beneiden nicht manche von uns der Surfer, der höher kommt als wir mit unserem Gebet? Er strengt sich enorm an für seine zehn Meter hohen Flüge. Monatelang übt er. Er feilt an seiner Technik, arbeitet an seiner Fitness, passt seine Ernährung an und gibt nie auf. Wie ist es mit uns und unserem Gebet? Machen wir das auch? Üben wir auch immer wieder, fragen wir auch nach? Feilen wir an unserer Technik? Liebe Geschwister! Wenn wir auch nur halb so viel Anstrengung aufwenden würden wie jener Surfer, dann würden wir Tausende von Meter hoch fliegen in unserem Gebet!

Und wie ist es mit unserer musikalischen Einladung zu Gott? Wie viele Lieder in deutscher Sprache haben inzwischen ein Studio-Niveau und könnten von der deutschen Bevölkerung verstanden werden? Immerhin kenne ich einen Video-Clip [6], und dazu noch einige weitere mit deutschen Untertiteln. Aber genügt das? Können wir so den Softwar gewinnen? Und werden wir so unsere Jugendlichen schützen können?

Der Islam hat schönere Lieder als die besten westlichen Sänger, aber wir müssen sie singen. Der Islam hat viel schönere Luftsprünge als die besten Kitesurfer sie könnten. Aber so lange wir Muslime das nicht in uns selbst spüren, so lange wir nicht Faszination einatmen und leben, so lange dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir niemanden erreichen. Schlägt man das Wort Faszination im Duden nach, so steht dort „anziehende Wirkung, Begeisterung, euphorisches Interesse“. Ursprung des Wortes sei Verhexen oder Verzaubern. Es ist sicherlich kein Zufall, dass es für den Begriff kaum eine vernünftige Übersetzung in den muslimischen Sprachen gibt. Tatsächlich werden viele Jugendliche verzaubert, wenn sie irreführenden Faszinationen nachjagen. Aber die wahrhaftige Faszination hat ihren Ursprung auch im heiligen Quran. Es gibt einen arabischen Begriff, der wie einige andere Begriffe auch mit „Liebe“ übersetzt wird, weil die deutsche Sprache keine Steigerungsform der Liebe kennt. Doch das arabische Wort „Wudd“ kann möglicherweise mit Liebesfaszination beschrieben werden, so dass dann der Vers 19:96 folgendermaßen lauten würde:
„Wahrlich, diejenigen, die überzeugt sind und das Rechtschaffene gehandelt haben, ihnen errichtet der Gnädige Liebesfaszination.“
Genau jene Liebesfaszination wünsche ich uns allen.

[1] https://www.youtube.com/watch?v=Cq8FldEPYvY
[2] https://archiv.offenkundiges.de/weicher-krieg/
[3] https://www.youtube.com/watch?v=lWsO41YkYpY
[4] https://www.youtube.com/watch?v=_AlSnTcet4U
[5] https://www.youtube.com/watch?v=SP8F0UW3H7Q
[6] http://muslim-tv.de/der-wind-von-kerbela/


Yavuz Özoguz  
Yavuz Özoguz
Beiträge: 1.365
Registriert am: 27.12.2011

zuletzt bearbeitet 24.11.2017 | Top

   

Von guten und bösen Hitlervergleichen
USA RußlandPressekonf in Vietnam u Gemeins Memorandum

Xobor Forum Software von Xobor
Datenschutz