Wenn in Deutschland das Aufhetzen von ganzen Völkern gegen andere Völker zum Verbrechen erklärt worden wäre, dann wäre die Bild-Zeitung eine der größten Verbrecherorganisationen Deutschlands.
Rechtzeitig zu Ostern kam in der Bild-Zeitung die Meldung: „Druck von Türkei-Präsident Erdogan? Deutsche Schule schafft Karfreitag ab.“ [1] Natürlich wissen die Juristen der Springerpresse, dass im westlichen Propagandasystem eine Verleumdung ihren juristischen Verleumdungscharakter verliert, wenn man ans Ende der Verleumdung ein Fragezeichen setzt. Focus online sprang auf mit der Schlagzeile: „180 Tage Unterricht - Deutsche Schule in Istanbul unterrichtet an Karfreitag - und hat krude Erklärung.“ [2] Auch jener Bericht deutet an, dass Erdogan dahinter stecken könnte! Die angeblich krude Erklärung bestand in folgender Aussage der Schule: „Ja, es fand Unterricht an Karfreitag statt. Das Auswärtige Amt hat uns vorgegeben, dass pro Schuljahr 180 Tage Unterricht stattfinden. Es liegt im Ermessen unserer Schule, welche Tage wir dafür aussuchen.“ Dazu muss man wissen, dass die Sommerferien an den deutschen Schulen in der Türkei erheblich länger sind als in Deutschland und dementsprechend andere Tage der Schulbesuch notwendig ist. Das ist insbesondere in jenen Jahren ein Problem, in denen die Weihnachtsfeiertage so arbeitnehmerfreundlich liegen, wie im Jahr 2019. Dennoch, es gibt andere deutsche Schulen im Land, die Karfreitag keinen Unterricht erteilt haben. Auch das österreichische St. Georgs-Kolleg in Istanbul hat Karfreitag allen christlichen Lehrern und damit dem Klassenunterricht schulfrei erteilt [3]. Bei der Abwägung der Feiertage richten sich die Schulen auch nach den Gegebenheiten in den Klassen. Und es ist kein Geheimnis, das an der deutschen Schule in Istanbul auch viele Muslime Unterricht haben.
Was aber hat Erdogan damit zu tun? Diese Frage stellt sich in doppelter Hinsicht. Einerseits müsste man die Gemütslage und Absicht eines türkischen Staatspräsidenten beurteilen und andererseits die Leichtgläubigkeit von deutschen Lesern, denen man offensichtlich jede noch so absurde Lügenpropaganda auftischen kann und darf, ohne jegliche Konsequenzen fürchten zu müssen, und die das auch noch glauben.
Nehmen wir einmal an, Erdogan wäre wirklich davon angetrieben, eine Art inneren Feldzug gegen alles Christliche im Land durchzuführen, warum verbietet er dann einer einzigen deutschen Schule den Karfreitag und allen anderen nicht? Und nehmen wir einmal an, er will die deutschen Schulen „islamisieren“, warum zwingt er dann die Schüler ausgerechnet am islamischen Feiertag, dem Freitag, zur Schule zu kommen (statt zum Freitagsgebet), und erlaubt aber schulfrei am Ostermontag. Mit der Logik der Bild-Zeitung und deren Leser könnte man auch fragen: Kann es nicht eher sein, dass die Schule den Freitagsgebetsbesuch verhindern wollte?
Doch auch die Empörung in Deutschland ist in mehrerlei Hinsicht zu hinterfragen. Wie viele Deutsche wissen denn überhaupt noch, was Karfreitag nach Vorstellung der Christenheit geschehen ist und glauben wirklich noch daran? Wie viele Christen glauben daran, dass Jesus bald zurückkommen könnte? Wie viele Christen verbinden Ostern mehr mit der Kreuzigung Jesu und der Widerauferstehung als mit dem Osterhasen und Ostereiern? Wie viele Christen glauben überhaupt noch an die wundersame Jungfrauengeburt Jesu? Ist es nicht so, dass es in Deutschland inzwischen mehr Muslime gibt, die fest überzeugt von der Jungfrauengeburt Jesu sind, als Christen? Ist also die vorgespielte Empörung nicht nur ein Zeichen der eigenen Versklavung in den atheistischen Materialismus, in dessen Dienst man sich gegen Andersdenkende empört, um ganze Völker gegeneinander aufzubringen?
Erdogan hat weder den Karfreitag verboten noch Ostern und nicht einmal die Ostereier. Aber wie soll man das den atheistischen Anhängern einer Kultur erläutern, die zwar die Jungfrauengeburt Marias für eine Fabel halten, aber ihren Kindern beibringen, dass Hasen Eier legen? Und wenn dann jener Osterhase ans Kreuz genagelt und damit der gesamte verbliebene Rest der gläubigen Christenheit brüskiert wird, dann gilt das als Kunst [4]. Darüber haben sich die rassistischen Hetzer aber nicht brüskiert, denn das war nicht von Erdogan!
Nachsatz: Die gleichen Medien, die über den Schultag am Karfreitag in Istanbul berichtet haben, haben demonstrativ verschwiegen, dass 30 ehemalige Spitzenpolitiker Europas sich gemeinsam gegen die verbrecherische Politik Trumps und Netanjahus gewandt haben [5].
[1] https://www.bild.de/bild-plus/politik/au...Login.bild.html
[2] https://www.focus.de/politik/deutschland...d_10615019.html
[3] http://www.sg.k12.tr/organisation/termin...huljahr-201819/
[4] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/m...n-15558067.html
[5] Lasst Eure Kirchenglocken in den Moscheen läuten!