Das Outing eines Muslims nach 35 Jahren Ehe!
Wir leben gemäß Medienmeinung in einem freien Land, in dem jeder seine sexuelle Orientierung nicht nur veröffentlichen darf, sondern geradezu veröffentlichen muss. Daher fühle ich mich endlich frei, nach fast 35 Jahren Ehe ein Geheimnis zu lüften, das ich seit so viele Jahren mit mir herumtrage und bisher nie derart öffentlich publik gemacht habe. Es wird Zeit für mein Outing!
Ja, ich bin homophob! Zwar verachte ich nicht den Sünder, sondern die Sünde! Aber ich bin – ACHTUNG – heterosexuell und mein Friseur ist auch verheiratet mit einer Frau. Aber das ist noch nicht alles. In wenigen Tagen werde ich – so Gott will – 35 Jahre verheiratet sein – noch dazu seit Anfang an mit ein und derselben Frau. Damit gehöre ich zu einer Minderheit im Land, aber ich schäme mich nicht dafür! Das Outing ist eine Befreiung!
Es kommt aber noch dicker! Meine Frau und ich gehören zu der Minderheit der Ehepaare, die Kinder haben. Wir haben sogar ein Kind mehr als zu unserem Arterhalt nötig ist. Auch damit gehören wir zu einer absoluten Minderheit im Land. Doch wir schämen uns dafür nicht! Und wenn ich schon einmal beim Outen bin: Ich habe sieben Enkelkinder, die ich alle liebe. Zugegeben, damit schramme ich ganz knapp an asozial vorbei, aber selbst dafür schäme ich mich nicht. Meine Frau und ich gehören aber nicht nur zu der Minderheit der biblisch lange zusammenlebenden Paare – besonders ungewöhnliche Exemplare sollen sogar das halbe Jahrhundert geschafft haben – sondern wir glauben auch noch, dass man einander treu sein kann und das schön finden.
In jenen 35 Jahren war es meiner Wenigkeit vergönnt meine Ehefrau und Kinder versorgen zu können, so dass meine Frau niemals für fremde Arbeitgeber arbeiten brauchte und stets ihr eigener Chef im eigenen Haus- und Familienmanagement war, was einstmals „Hausfrau“ genannt wurde. Nachdem unsere Kinder eigene Familien gegründet hatten, konnte sie sich ebenfalls als ihr eigener Chef ehrenamtlichen Tätigkeiten widmen, zu denen der Vollzeithausversorger zeitlich nicht fähig ist. Ich oute mich, denn ich schäme mich nicht dafür, dass meine Ehefrau niemals für fremde Chefs arbeiten musste und ich sie dankbar versorgt habe. Ich oute mich, dass ich das sehr schön finde! Auch auf die Gefahr hin, dass jetzt einige meine Ehefrau für verrückt erklären werden, auch sie findet das schön und ist dankbar dafür.
Für die meisten Menschen in der Gesellschaft bin ich durch meine bisher geouteten Eigenarten ein in jeder Hinsicht Verirrter, aber ich will den besorgten Mitbürgern noch eine weitere Munition liefern: Ich glaube an Gott und gebe das öffentlich zu. Dieses Outing wird in der Gesellschaft inzwischen als pervers eingestuft, perverser als jegliches sexuelle Outing. Hinzu kommt, dass ich glaube, dass es einen Unterschied zwischen Mann und Frau gibt, der wunderbar ist. Sollte sich jemand jetzt genötigt fühlen, mich wegen Wahnvorstellungen einweisen lassen zu wollen, so sei ihm gesagt, diese Unterschiedsphantasien über Mann und Frau werden bisher als ungefährlich eingestuft, so lange ich sie für mich behalte. Dieser Text ist mein erstes Outing diesbezüglich. Man wird beobachten müssen, ob diese Phantasie eines Tages als gefährlich gilt.
Zum Schluss kommt das ultimative Outing, das alles toppen wird, was ich bisher veröffentlicht habe: Ich glaube, dass ich eines Tages sterben werde und mein Leben tödlich enden wird. Dennoch glaube ich daran, ewig leben zu dürfen, denn ich bin dazu erschaffen, die höchste Stufe der Liebe Gottes in seiner Gnade empfangen zu dürfen, wenn ich nicht alle Zuflüsse der Liebe durch merkwürdige Outings verschließe.
Mit diesem Text will ich vielen in ihrem geheimen Untergrund lebenden Juden, Christen und Muslimen Mut machen, sich ebenfalls zu outen. Ihr werdet die befreiende Wirkung dieses Outing spüren und könnt danach viel freier leben als zuvor.