Deutschland und Israel: „Es wäre lächerlich, wäre es nicht so tragisch“
https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/de...h-93581337.html
Die Erinnerung an den Holocaust ist äußerst wichtig, um ein Bewusstsein für andere Formen von Massenverbrechen und Völkermord zu schärfen. Wenn diese Erinnerung jedoch in eine Art ontologische Unschuld Israels übersetzt wird – nach dem Motto: Israel darf kolonisieren, besetzen und töten, weil es per se im Namen der Opfer des Holocaust handelt –, wäre das eine ziemlich gefährliche Vorstellung. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ich befürchte, dass das eine neue Welle des Antisemitismus hervorrufen könnte.
Wenn das Anprangern eines Völkermords in Gaza bedeutet, antisemitisch zu sein – nun, dann werden viele Leute fälschlicherweise denken, dass Antisemitismus vielleicht gar nicht so schlimm ist. Wenn Holocaust-Erinnerung in Anschlag gebracht wird, um die Zerstörung Gazas zu rechtfertigen, dann könnten Menschen zu dem Schluss kommen, dass diese Erinnerung etwas sei, das vergessen werden sollte. Das schlimmste Ergebnis dieser Entwicklung – wir beobachten das inzwischen leider häufiger – ist, dass sie tatsächlich eine Art Legitimationsgrundlage für Holocaust-Leugnung schaffen könnte.
Aber diese bedingungslose Unterstützung für Israel verschiebt und überträgt die Schuld für den Holocaust und verlangt von Palästinensern und anderen Ausländern, dass sie die Last der deutschen Geschichte tragen. Das ist inakzeptabel. Es ist auch paradox. Deutschland fordert von Menschen, die unter einem Völkermord in Gaza gelitten haben, Israel bedingungslos zu unterstützen. Es wäre lächerlich, wäre es nicht so tragisch.
Vollständiger Artikel / Interview, siehe:
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