Im Namen des Erhabenen
Kommentar zu Blüten der Entschleierung (18)
Wenn ein deutscher Hochschullehrer sich scheinbar wohlwollend über die Islamische Republik Iran ausbreitet
Prof. Kai Hafez ist Lehrstuhlinhaber der Professur für Vergleichende Analyse von Mediensystemen/Kommunikationskulturen an der Universität Erfurt und gab als „Politikwissenschaftler“ der Thüringer Allgemeine ein Interview, in dem er sich – bewusst oder unbewusst – in die westliche Propagandafront einreiht, die der Islamischen Republik Iran das Streben nach der Atombombe vorwirft, und das Land mit völkerrechtswidrigen Sanktionen überzieht.
Eigentlich ist Prof. Hafez (Jahrgang 1964) eher als Muslimfreund in Deutschland bekannt. Er hat in Hamburg und Washington Politikwissenschaften, Neuere Geschichte, Journalistik und Islamwissenschaften studiert. Daher dürfte er sich kaum dem „westlichen“ Einfluss entzogen haben können, der stets davon ausgeht, dass die Westliche Welt das Gute verkörpert, oder zumindest anstrebt, wohingegen alle Kulturen und Völker, die sich dem westlich imperialistisch-kapitalistischen Block widersetzen „böse“ sind. Er lehrte und forschte an den Universitäten in Hamburg, Bern, Cambridge und Oxford, an der Hamburg Media School, an der American University in Kairo und war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Orient-Institut in Hamburg, alles westliche Einrichtungen, die rein westliches Gedankengut verbreiten. Daneben wird auch – ein zumeist teils mangelhaftes und teils völlig falsches – Wissen über den Islam vermittelt. Seit 2003 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Vergleichende Analyse von Mediensystemen/Kommunikationskulturen an der Universität Erfurt. Warum er sich in dieser Funktion ausgerechnet über die Islamische Republik Iran und die Präsidentschaftswahlen äußern musste, und woher er die Fachkompetenz diesbezüglich glaubt zu haben, bleibt unklar.
Jenes Interview ist nachzulesen in der Thüringer Allgemeine unter:
http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Erfurter-Professor-im-Interview-Der-Iran-bleibt-eine-Diktatur-1232592549
In einem Interview, das oberflächlich betrachtet wohlwollend klingt, behauptet jener Professor: „...Die gesamte etablierte politische Klasse des Iran, also auch Ruhani, vertritt die Auffassung, dass der Iran Atomwaffen besitzen dürfen muss, allein schon deshalb, um einem Angriff vorzubeugen. Schließlich besäßen auch Pakistan und Israel nukleare Sprengköpfe.“
Damit liefert jener Professor der deutschen Politik genau die Nahrung, die sie benötigt, um den Iran weiterhin mit den historisch einmaligen Sanktionen zu belegen! Besonders übel an der Aussage ist, dass sie nicht von einem ausgewiesenen Islamhasser stammt, sondern von jemandem, dem sicherlich zugetraut werden kann, einen gewissen Respekt gegenüber Muslimen aufzuweisen und sie ggf. auch gegen verbale Übergriffe zu schützen, wie es aus seinen Veröffentlichungen deutlich wird. Eine solche in unseren Augen volksverhetzende Aussage aus solch einem Mude wirkt doppelt verheerend.
Wie immer in solchen Fällen, haben wir den Betroffenen befragt und ihm die Gelegenheit gegeben, seine Ansicht diesbezüglich zu korrigieren. Stattdessen haben wir zunächst eine Antwort erhalten, aus der die Meinung hervorstach, dass es nichts zu korrigieren gäbe, die Verbots-Fatwa Imam Chamene’is bezüglich Atomwaffen eine eher unbedeutende Einzelmeinung sei und fast alle führenden Politiker im Iran so denken würden, wie er es nach wie vor behauptete.
An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie es zu solch einer Einstellung und Meinung kommen kann?! Selbst wenn ein deutscher Professor, der offensichtlich keine Ahnung von der Islamischen Republik Iran hat, sich genötigt fühlt über die „geheimen“ Gedanken iranischer Politiker zu philosophieren, die ja niemand nachprüfen kann, dann sagt oder schreibt er doch niemals „Die gesamte etablierte politische Klasse des Iran .. vertritt“ diese oder jene Meinung. Allein schon aus Vernunftgründen würde er doch lieber eine Formulierung wählen, wie „nach meiner Ansicht vertreten viele (oder mache) diese oder jene Meinung“. Selbst wenn es die Unwahrheit wäre, könnte man ihn kaum das Gegenteil beweisen, da er ja nur vor einer Teilgruppe gesprochen hat, über deren Größe niemand Kenntnis hat. Genau das aber konnte oder wollte er nicht sagen, denn er wollte offensichtlich dem neuen Präsidenten eine Absicht unterstellen, die nur möglich war mit jener Totalaussage, so zumindest stellt sich die Angelegenheit vielen Lesern dar, die nicht die Gelegenheit haben, ausführliche Mailwechsel mit ihm durchzuführen um zu erfragen, was er denn gemeint hat. Er behauptet damit faktisch auch, dass Imam Chamene’is Fatwa gegen Atomwaffen mehr oder weniger erlogen sein müsste, denn kein halbwegs den Iran kennender Wissenschaftler wird ihn von der etablierten politischen Klasse ausschließen. Nach unseren nunmehr langjährigen Erfahrungen ist es ein in vielen hiesigen Wissenschaftlern schlummernde „Herrenmenschendenken“, das zu solchen Schlussfolgerungen führt.
Ob dieses Denken bei des Herrn Prof. Hafez vorliegt und ob es sich nur gegen die Führung der Islamischen Republik Iran richtet oder auch gegen die Bevölkerung, die zweifelsfrei hinter der Verbots-Fatwa Imam Chamene’is steht, vermögen wir nicht zu beurteilen. Auch vermögen wir nicht zu beurteilen ob jenes Denken eine Abneigung gegenüber der Befreiungstheologie des Islam darstellt oder nicht. Möglicherweise war ja auch alles ganz anders gemeint und nur extrem ungünstig formuliert!?
Immerhin, in der Folge des Interviews konkretisiert er dann seine Meinung: „Der Iran ist nicht böser als, sagen wir mal China“. Wiederum erfahren wir aus dem berufenen Munde eines deutschen Hochschullehrers seine Meinung zu den Geschehnissen in dieser Welt. Dazu zählt, dass ein der imperialistischen Weltordnung dienender Hochschullehrer in der Öffentlichkeit zunächst einmal – wenn auch nur indirekt – feststellen muss, dass China „böse“ ist. Hätte er die gleich Aussage so formuliert: „Der Iran ist nicht böser als, sagen wir mal die USA“, dann gäbe es mächtig Ärger von der nahezu gesamten deutschen politischen Klasse inklusive seiner eigenen Hochschule! Und hätte er seine Aussage so formuliert: „Der Iran ist nicht böser als, sagen wir mal, Israel“, dann wäre er längste Zeit Hochschullehrer in Deutschland gewesen! Aber bei China und Iran ist die Sache harmlos. Kaum jemand wird sich aufregen, und wenn doch, dann sind es nur einige wenige Muslime, denen dieses Herrenmenschendenken der Westlichen Welt zum Hals raushängt. Dennoch braucht sich ein Professor, der in der Gut-Böse-Front auf der Seite der USA steht, keine Sorgen zu machen. Notfalls werden ihm viele zur Seite stehen, zumindest im Diesseits. Ob Herr Hafez an ein Jenseits glaubt ist uns nicht bekannt.
Wie wir stets bei Konfliktfällen verfahren, haben wir – wie bereits erwähnt – unsere Vorwürfe zunächst Herrn Prof. Hafez vorgelegt und in vielen Mails hin und her abschließend von ihm folgende Stellungsnahme erhalten, die hier ungekürzt wiedergegeben wird:
"Ich möchte meine Position abschließend doch noch einmal klarstellen:
Ich behaupte, dass gleiches Recht für alle in der iranischen Elite durchgehend auch in der Atomfrage gefordert wird und stelle klar, dass andere Ländern der Region Atomwaffen besitzen.
Ich behaupte nicht, dass der Iran aktiv nach Atomwaffen strebt (wenn der Eindruck bei Ihnen entstanden ist, tut mir das leid). Gleichheit lässt sich auch, wie ich dies ja fordere, durch eine regionale Abrüstungskonferenz herstellen.
Ich behaupte allerdings, dass Ruhani an der Urananreicherung festhält, das hat er so gesagt. Damit schafft Iran zumindest technische Voraussetzungen, die sich theoretisch - nur theoretisch ! - auch zu Atomwaffen weiterentwickeln ließen.
Ich habe zu einer Korrektur des einseitigen Iranbildes aufgefordert, das Iran allein die Schuld an den Problemen gibt.
Ich hoffe, mich jetzt klarer ausgedrückt zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Kai Hafez"
Die Entscheidung darüber, ob sich Herr Prof. Hafez jetzt klarer ausgedrückt hat, überlassen wir dem Leser. Es ist festzustellen, dass der Text eine Entschuldigung enthält, die nicht selbstverständlich ist! Das ist dem Hochschullehrer in jedem Fall anzurechnen. Bedauerlicherweise werden viele Leser seines Interviews in der Thüringer Allgemeine diese Klarstellung kaum zu Gesicht bekommen, so dass er mit seinem Interview weiterhin die Verantwortung für das Unheil tragen wird, dass er möglicherweise bei dem einen oder anderen Leser angerichtet hat. Wir wünschen ihm jedenfalls, dass er nächstes Mal nicht erst gegenüber den kritisch Nachfragenden sondern bereits im Interview sich so klar ausdrückt, dass weiterer Schaden von anderen Völkern fern gehalten werden kann.