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Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#1 von Yavuz Özoguz , 30.12.2011 14:19

Warum gibt es so wenig Konvertiten?

Es ist ein Merkmal unserer Zeit, dass das Thema Religion und Wahrheit kaum noch eine Rolle spielt in Führungskreisen, denn anders ist es nicht zu erklären, dass es so wenig Konvertiten unter Führungskräften gibt.

Die Frage der Konversion von einer Religionsgemeinde in die andere oder auch innerhalb einer Religion von einer Konfession in die andere kann ganz grundsätzlicher Art diskutiert werden, ohne die eine oder andere Religion zu bevorzugen. Nehmen wir das Beispiel Deutschland und betrachten vereinfacht, dass die Hälfte der noch verbliebenen Gläubigen Katholiken und die andere Hälfte Protestanten sind. Wenn man davon ausgeht, dass eine der beiden Konfessionen näher an der Wahrheit ist, dann hätten idealerweise 50% der Menschen das Potential ihren Glauben zu wechseln. Würden nur jeder Einhundertste es wirklich tun, wären das immerhin mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland und es wäre nicht zu übersehen! Und wenn jeder einhundertste Politiker die Religion oder Konfession wechseln würde, dann müsste ein halbes Dutzend davon im Bundestag sitzen und ab und zu auch einer in der Regierung. Aber solch ein Fall ist in der Bundesrepublik Deutschland kaum bekannt. Der eine frühere Bundestagsabgeordnete, der den Islam angenommen hat, scheint da eher die Ausnahme, der die Regel bestätigt.

Blickt man auf den Islam, so ist die Situation noch drastischer zu beschreiben. Es gibt vier Rechtsschulen unter Sunniten, und vereinfacht nehmen wir an, eine unter Schiiten. Wenn man jeder Rechtsschule ca. 20% der Gläubigen zubilligen würde (was nicht ganz stimmt), hätten also 80% der Gläubigen das Potenzial zum Wechsel innerhalb der eigenen Religion. Aber die Fälle von bekannten Konvertiten innerhalb des Islam sind durchaus überschaubar. Die vier sunnitischen Rechtschulen “behelfen“ sich mit der Formel, dass alle vier gleichwertig seien, aber es ändert ja nichts daran, dass es teils gravierende Unterschiede in Detailfragen gibt und oft höchstens nur eines richtig sein kann! Man nehme das vergleichsweise unbedeutende Beispiel der Gebetsstellung. Sie unterscheiden sich in vielen Details. Manche behaupten, alle Stellungen wären gleichwertig, weil der eine den Propheten so und der andere so beim Beten gesehen hätte. Hier gibt es nunmehr zwei Möglichkeiten: Entweder hat der Prophet wirklich mal so und mal so gebetet, dann aber müssten alle Muslime es nachahmen und auch mal so und mal so beten und die Fixierung auf eine Form wäre falsch. Oder aber mindestens einer der Überlieferer bzw. Rechtsgelehrten, die es interpretieren, täuscht sich, dann müsste man den herausfinden, der sich weniger täuscht.

So oder so, ob innerhalb einer Religion oder religionsübergreifend, die “berühmten“ Konvertiten sind ganz selten. Wenn einmal ein Gelehrter die Rechtsschule wechselt, ist das schon eher eine Sensation und gleich berühmt. Und solche “Superstars“ wie Yusuf Islam, die den Islam angenommen haben, sind die Ausnahme oder eher unbekannt. Woran liegt das?

Zweifelsohne liegt ein Grund in der Trägheit der Menschen und dass die meisten schlichtweg das “übernehmen“ in das sie geboren sind. Das aber kann sicherlich nicht wahrheitsfördernd sein. Selbst wenn man in die „richtige“ Konfession geboren wäre, hätte es wenig Wert, wenn man nicht die innere Bereitschaft mitbringt, dorthin zu wechseln, wenn man in eine andere Konfession geboren wäre. Ein weiterer Grund für die “Abwesenheit“ von Konvertiten in der dürfe darin liegen, dass das Thema “Konversion“ in einem kapitalistischen System (und nahezu die gesamte Welt hat dem Kapitalismus gehuldigt), ganz bewusst ausgeblendet wird. Jemand, der sich mit der Frage, woher er kommt, wohin er geht, wer sein Gott ist und was seine Verantwortung vor Gott ist, beschäftigt, ist “gefährlich“ für den Kapitalismus! Daher gibt es den Konvertiten weder im Film, noch in Nachrichten, nicht in Büchern, noch in Zeitungen. Der Konvertit ist schlicht und einfach kaum existent! Wenn er doch vorkommt, ist er entweder ein Hilfsbedürftiger, der in der neuen Religion “Halt“ gefunden hat, oder aber ein Wahnsinniger, der gefährlich für die Menschheit ist. Selbst dort, wo er eigentlich als ganz “normaler“ Konvertit nicht zu übersehen sein sollte, wird er ganz einfach ausgeblendet.

Erinnern Sie sich noch an diesen wunderbaren Film über das Leben von Mahatma Gandhi? Was war er nicht für ein großer Kämpfer für Freiheit seines Volkes. Der Film war sehr lang und mit enormem Aufwand gedreht. Aber der älteste Sohn von Gandhi, der zwischenzeitlich den Islam angenommen hatte und mit dem es daher ein Zerwürfnis gab, kam in dem Film überhaupt nicht vor! Gandhi hat seinen eigenen ältesten Sohn enterbt, aber in dem berühmtesten Film über das Leben von Gandhi gibt es jenen Sohn nicht.

Oder haben sie jemals etwas von Tali Fahima gehört. Tali Fahima ist eine israelische Friedensaktivistin, die den Islam angenommen hat und unter strengen auflagen in Israel lebt. Sie ist 1976 geboren und stammt aus einer Mizrahim-Familie (orientalische Juden, die oft gut Arabisch sprechen) aus der südisraelischen Stadt Kiryat-Gat. Sie arbeitete als Sekretärin in einer angesehenen Anwaltskanzlei in Tel Aviv. Bis 2003 galt sie als Unterstützerin des Likud und trat für eine "militärische" Lösung des "Palästinenserproblems" ein. Am 18. März 2004 veröffentlichte Hayir Weekly, eine bedeutende Tel Aviver Wochenendzeitung (Haaretz-Gruppe), ein Interview mit Tali Fahima, in dem sie deutlich ihre Kritik an der israelischen Attentatspolitik zum Ausdruck bringt. Der Artikel berichtet von Fahimas Treffen mit Zachariah Zbeidi, dem Chef der Al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden von Dschenin. Auch aufgrund dieser Aussage gerät sie ins Fadenkreuz des israelischen Geheimdienstes und muss letztendlich mehrere Gefängnisaufenthalte über sich ergehen lassen. Sie wird als "Verrückt" und "Liebhaberin" eines palästinensischen "Terroristen öffentlich verleumdet, obwohl es keine Anhaltspunkte für solch eine Beziehung gab und beide Betroffenen es stets dementiert haben. Hauptgrund für die Verleumdungen gegen sie und die späteren staatlichen Repressalien war die Tatsache, dass sie eine Weile als menschliches Schutzschild im Haus von Zachariah Zbeidi gelebt hat, als sie erfahren hat, dass er ohne jegliche Anklage ermordet werden soll und somit auch seine Frau und sein Kind gefährdet sind. Offizielle wurden ihr allerdings die angebliche Übersetzung geheimer Dokumente vorgeworfen. Zuvor hatte sie sich in intensiv über die Sachverhalte informiert. Von 2005 bis 2007 saß sie im Gefängnis ihre Haftstrafe ab, wurde aber dann vorzeitig wegen guter Führung unter Auflagen entlassen. Sie darf weder das Land verlassen, noch Kontakt zu Ausländern aufnehmen und auch nicht in die besetzten Gebiete reisen. Heute lebt Tali Fahima ein einem arabischen Dorf im Norden Israels und arbeitet als Hebräisch-Lehrerin. Im Juni 2010 nahm sie den Islam in einer Moschee in Umm al-Fahm an. Ja, solche Helden unserer Zeit gibt es so manche in Israel, aber wir hören davon nicht.

Schon eher hat man den Namen Mordechai Vanunu schon einmal gehört, den berühmten israelischer Nukleartechniker, der 1985 die Existenz des bis dahin geheim gehaltenen Nuklearforschungsprogramms Israels und damit die faktische atomare Bewaffnung des Landes aufdeckt hat und dafür Jahrzehnte lang ins Gefängnis musste. Wer aber weiß, dass er bereits 1986 das Christentum angenommen hat? Welche christliche Kirche in Deutschland hat sich je für ihn eingesetzt?

Oder haben Sie jemals von Ahmed Abdallah Mohamed Sambi gehört? Er war immerhin zwei Legislaturperioden Regierungschef der Komoren. Zugegeben sind die Komoren nicht gerade das größte Land der Erde, aber der Regierungschef eines sunnitischen Landes hat mehrere Jahre Ayatollah Mesbah Yazdi in Qum studiert und wurde deshalb Ayatollah der Komoren genannt. Gabun ist da schon etwas größer, aber dennoch weiß man kaum, dass der ehemalige Regierungschef Omar Bongo zuvor Albert-Bernard Bongo hieß.

Eines der Gründe, warum so wenig über Konvertiten bekannt ist, liegt also darin begründet, dass “berühmte“ Konvertiten kaum bekannt sind. Oder kennen Sie die aktuell lebenden bzw. erst vor kurzem verstorbenen Personen: Yvonne Ridley, Muhammad Knut Bernström, Dr. Umar Rolf Baron von Ehrenfels, Prof. Sana Sayigh, Prof. Dr. Gary Carl Muhammad Legenhausen, Edoardo Agnelli. Letztgenannter war immerhin kein geringerer als der Sohn von Gianni Agnelli, dem großindustriellen Herrscher über das Fiat-Imperium. Der Sohn nahm nach einer Begegnung mit Imam Chamene'i den Islam an. Im November 2000 starb er eines “unnatürlichen“ Todes.

Auch in Deutschland gibt es viele Konvertiten. Allein die Übersetzung des großen islamischen Werks “Nahdschul-Balagha“ aus dem arabischen ins Deutsche, ist ein Meisterwerk einer derzeit lebenden Konvertitin. Darüber hinaus gibt es mehrere Anwälte, einige Politiker, viele Ingenieure, Krankenschwestern, und eigentlich alle Berufsgruppen, die den Islam als ihre neue geistige Heimat angenommen haben; selbstverständlich auch viele Mütter und Hausmanegerinnen.

Abgesehen von einigen wenigen Exotenberichten, die sich eher mit dem “orientalischen“ Flair der Konvertiten beschäftigen, kommen sie aber nur in Krimis vor, in denen Konvertiten die halbe Westliche Welt in die Luft sprengen wollen. Dabei sind Konvertiten allein schon durch ihre Konversion ein unübersehbarer Angriff auf den Kapitalismus und die Westliche Welt, denn sie deuten darauf hin, dass man nachdenken kann darüber, woher man kommt, wohin man geht, und was der Sinn des Lebens ist; und der ist ganz sicher nicht Kapitalismus! Vielmehr steht der Kapitalismus im Widerspruch zur Wahrheit und zu wahrhaftigen Lebenszielen. Eigentlich gehören Konvertiten einer wohldurchdachten Konversion zu den wertvollsten Mitgliedern der gesamten Gesellschaft, aber nur die Gesellschaft wird davon profitieren, die die Konversion mit Respekt akzeptiert.

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RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#2 von Fatima Özoguz , 30.12.2011 15:25

Warum sollten Leute auch konvertieren, die sich im jetzigen System gut eingerichtet haben und denen das Jenseits ohnehin egal ist. Sie haben sich sozusagen "arrangiert", finden zwar auch in ihrer eigenen Religionsgemeinschaft nicht unbedingt alles gut, so sie noch einer angehören, aber das reicht ihnen nicht, um zu einer anderen zu wechseln. Weil sie selber nicht genau wissen oder darüber nachgedacht haben, wo sie herkommen, wohin sie gehen und was eigentlich der Sinn und Zweck des menschlichen Daseins ist. "Wahrheit" sehen viele Menschen als relativen Begriff, und wer in der westlich-permissiven Gesellschaft überhaupt noch etwas vertritt, was er als Wahrheit sieht, läuft sofort Gefahr, mit der "Ideologie-Keule" erschlagen zu werden, oder er wird als "intolerant" gebrandmarkt, der sich einbilde, "die Wahrheit für sich gepachtet zu haben", wie es immer vorwurfsvoll heißt. Wer aus voller Überzeugung sagt, dass er seine Religion für richtig erachte, steht gleich als intoleranter, bigotter Betonkopf da. Aber der Ausspruch, von dem ich leider nicht weiß, woher er stammt, trifft es m.E. ziemlich genau:
Wo alles gleich gültig ist, ist auch irgendwann alles gleichgültig. Was heute wahr ist, kann morgen schon falsch sein, was gestern noch tabu war, ist heute normal.

"Ideologiefrei" ist hierzulande mittlerweile ein Qualitätsmerkmal, es ist angeblich etwas Gutes. Gut ist es nur insofern, als dass man sich keine Denkverbote auferlegt. Aber in letzter Konsequenz führt totale Ideologiefreiheit auch zu Werterelativismus, an dessen Ende dann leider schnell der Werteverfall steht. Denn ein "ideologiefreier" Mensch läuft Gefahr, opportunistisch zu handeln, heute so, morgen so, wie es gerade passt. Der Kapitalismus braucht formbare Opportunisten, Religiöse und Idealisten sind für ihn eine reale Gefahr.

Unter die Reihe der berühmten Konvertiten könnte man noch Lauren Booth anführen, die Schwägerin Tony Blairs.

Oder den englischen Nahostexperten Hamid Algar, der zur Schia konvertierte.

http://www.islamtimes.org/vdch.6n-t23n-k10d2.html

Auch der afro-amerikanische Bürgerrechtler Malcolm X , Sohn eines Pastors, konvertierte zum Islam. Und viele mehr.

Wenn er doch vorkommt, ist er entweder ein Hilfsbedürftiger, der in der neuen Religion “Halt“ gefunden hat, oder aber ein Wahnsinniger, der gefährlich für die Menschheit ist.

Nicht zu vergessen die jungen Frauen, die einen Muslim kennenlernen und über ihn zum Islam kommen. Für sie haben Islamhasser einen "netten" Ausdruck gefunden, den ich lieber nicht erwähnen möchte.

Insgesamt nennt der Quran selber den Grund, warum so wenige von einer Religion in die andere konvertieren: Weil die meisten Menschen nicht nachdenken, und das steht an vielen Stellen.

Eigentlich gehören Konvertiten einer wohldurchdachten Konversion zu den wertvollsten Mitgliedern der gesamten Gesellschaft, aber nur die Gesellschaft wird davon profitieren, die die Konversion mit Respekt akzeptiert.

dazu muss aber kritisch angemerkt werden, dass das leider in vielen muslimischen Ländern nicht der Fall ist. Wenn jemand den Islam verlässt oder zu einer anderen Religion konvertiert, wird er in vielen Ländern ausgegrenzt oder sogar verfolgt. (Allerdings nicht im Iran). Wir mögen einen Austritt aus dem Islam missbilligen, aber der Quran sagt : La ikraha fid´din - kein Zwang im Glauben. Allerdings sind das meist auch keine Gesellschaften, die sich mit Attributen wie "Toleranz" oder "Weltoffenheit" schmücken, wie es der Westen tut, sondern in der Regel Diktaturen (arabische Golfländer) oder archaische Stammesgesellschaften (z.B. Afghanistan, Pakistan), in denen nicht nur ein niedriger Bildungsstand vorherrscht, sondern meist auch Krieg.


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zuletzt bearbeitet 30.12.2011 | Top

RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#3 von Cengiz Tuna , 01.01.2012 19:59

Selam Aleykum,

das mit dem neuen Forum ist wirklich eine gute Idee.
Endlich kann man die Texte nachträglich korrigieren und die Aufteilung in mehreren Kategorien ist sehr sinnvoll.

Das es so wenig Konvertiten in den Führungskreisen gibt, liegt denke ich daran, dass die Menschen eben systemkonform sein müssen, um überhaupt in die Führungsetagen zu kommen. Man muss sozusagen mitschwimmen, und ein Teil des Systems sein. Gerade Muslime tragen ein ungerechtes System nicht mit, und werden eben deswegen in den Führungskreisen kaum zu finden sein. Aber im Allgemeinen kann man schon sagen, dass es immer Konvertiten in der Bevölkerung gibt.

Das Gandhi seinen Sohn enterbt hat, nur weil er zum Islam konvertierte, habe ich nicht gewusst, und das enttäuscht mich. Da ist es dann auch egal, ob er Imam Husain (a.s.) als Vorbild genommen hat für seinem friedlichen Widerstand.

>Auch in Deutschland gibt es viele Konvertiten. Allein die Übersetzung des großen islamischen Werks “Nahdschul-Balagha“ aus dem arabischen ins Deutsche, ist ein Meisterwerk einer derzeit lebenden Konvertitin<

Das wollte ich Schwester Fatima auch schon immer schreiben. Da hat sie ein sehr großes Werk vollbracht. Es ist eins der wertvollsten Bücher die es gibt. Ich staune über die Eloquenz Imam Ali`s (a.s.). Woher kommen solche Gedanken, solche Vergleiche, um z.B. die Schöpfung zu erläutern. Fantasiehaft und doch real. Ein Genuss, dieses Buch zu lesen!

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RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#4 von Fatima Özoguz , 01.01.2012 22:13

Zitat
Das es so wenig Konvertiten in den Führungskreisen gibt, liegt denke ich daran, dass die Menschen eben systemkonform sein müssen, um überhaupt in die Führungsetagen zu kommen. Man muss sozusagen mitschwimmen, und ein Teil des Systems sein. Gerade Muslime tragen ein ungerechtes System nicht mit, und werden eben deswegen in den Führungskreisen kaum zu finden sein. Aber im Allgemeinen kann man schon sagen, dass es immer Konvertiten in der Bevölkerung gibt.



Wenn wir von Konvertiten zum Islam reden, hast du Recht, bei den anderen sieht man es nicht, da Religion ja Privatsache zu sein hat, wie es hier landläufig heißt. Wir werden also kaum erfahren, wer alles von der katholischen zur evangelischen Kirche wechselt und umgekehrt. Wenn es in der Vergangenheit geschah, dann hatte es meist genau die Gründe, die man Konvertitinnen zum Islam immer wieder nachsagt: Heirat. Früher war das noch obligatorisch, heute glaub ich nicht mehr.
Wer aber freiwillig Muslim wird, steht entweder im Ruf, etwas "seltsam" zu sein, "nicht mit der hiesigen Freiheit klarzukommen und festen Halt zu brauchen" , wie mich mal allen Ernstes ein älterer Hobbypsychologe im Supermarkt ungefragt aufklären wollte, oder er ist gar ein "Volksverräter" und terroraffin. In einem Blog nannte mich ein Nazi mal "virulente Antideutsche", woraufhin er vom Betreiber gefeuert wurde, immerhin.
Außerdem bin ich der festen Überzeugung, je mehr gegen den Islam Propaganda gemacht wird, desto mehr Anhänger wird er bekommen. Dazu zähle ich auch die bislang nicht praktizierenden Muslime, die nun "wach " werden. Insofern kann man Sarrazin fast dankbar sein, denn leider scheinen wir Muslime erst mal äußeren Druck zu brauchen, damit wir besseren Zusammenhalt entwickeln. Wer weiß, wie viele Konversionen auf Sarrazins Konto gehen mögen...


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RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#5 von Wolf Ahmed Aries , 03.01.2012 12:24

Asalamu alaikum !
Liebe Geschwister im Islam !
Mit Interesse las ich Eure längeren Ausführungen zur Frage der Konvertiten. Zwar beschäftige ich mich nicht "den" Konverttiten, sondern mit dem Problem der Konversion bzw. Deconversion, dennoch werde ich mich um eine Antwort bemühen. Dabei gilt es religionswissenschaftlich zwischen dem Phänomen des Wechsels innerhalb eines religiösen Feldes und über seine Grenzen hinweg zu unterscheiden, d.h. von "Zeugen Jehovas" zu einer Reformierten Kirche oder von einer sunnitischen Haltung zur Shi´a und umgekehrt. Der Hinweis auf einen Wechsel der Rechtsschulen scheint mir irreführend.

Hinzu kommt nach meinem gegenwärtigen Arbeitstand die Frage nach der Kontingenzbewältigung, d.h. dem Glaubensakt: "Ich bezeuge die Wahrheit, daß es keine Gottheit außer GOTT gibt, und Mohammed Sein Gesandter ist." Oder: In Jesus Christus hat sich Gott geoffenbart und mich durch seinen Opfertod von meinen Sünden befreit. Oder: Das Nichts ist der Urgrung aus und in dem der Mensch lebt; in ihn einzugehen ist die Lösung sein. Entschuldigung, ich habe mit dem ost-asiatischen Standpunkt Schwierigkeiten.

Der gegenwärtige Standpunkt der gesellschaftlichen Mehrheit neigt dazu, die uns Muslime entscheidendne Frage des Glauben(aktes) für nebensächlich zu halten. Dafür wird die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, d.h. Kirche, betont und von ihr auf die Gläubigkeit einzelnen geschlossen, was ich für nicht sachgerecht halte. Schließlich kann jemand Christ sein, ohne einer Kirche anzugehören.

Die Hinwendung zum Islam kann sowohl ein Bekenntnis zur Wahrheit sein als auch Bestätigung der Liebe zum Partner, zur Partnerin . . . . aber ebenso der Wille zu einer Gemeinschaft gehören zu wollen .... z.B. einer Peer Gruppe, was dann auftaucht, wenn ein Jugendlicher mit Muslimen heranwuchs.
Da die Muslime im Laufe der Geschichte ihrer Gemeinschaft, jama´at, alle Optionen priesterliche Hierarchien auszubilden vorübergehen ließen, empfingen ehemalige Christen eine ungeheure Freiheit. Hinzu kommt, daß wir Muslime die Rechtleitung, Orthopraxie, betonen und nicht eine dogmatisch begründete Theologie, wodurch "Neue" in einen religiösen Lebensstil hineinreifen müssen, für den sie Jahre brauchen. Mit unseren Konvertiten können wir also nicht so recht "hausieren" gehen. Unsere Dawa nimmt bisher hierauf keine Rücksicht.

Zudem schließen Europäer unberechtigter Weise von ihrer gegenwärtigen technisch-zivilisatorischen Überlegenheit auf eine kulturelle Dominanz, und diese verträgt den Wechsel zu einer anderen Religion schlecht. Schließlich haben wir doch eine "Leitkultur" .... oder ?

So manche Konvertiten, denen ich in meinem Leben begegnet bin, haben mich daher gebeten, mein Wissen nicht zu gebrauchen. Daran habe ich mich stets gehalten. Ich hoffe, inschallah, daß ich mit meinen Anmerkungen habe antworten können.
Wassalam !
Wolf Ahmed

Wolf Ahmed Aries  
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RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#6 von Fatima Özoguz , 03.01.2012 14:33

Assalamu alaikum Bruder Aries,

willkommen im Forum.
"Die" Konvertiten gibt es nicht, denn jeder hat einen anderen Lebensweg und auch andere Beweggründe. Es ging im Eingangsbeitrag wohl eher darum, warum so wenig Menschen willens und bereit sind, die Grundausrichtung ihres Lebensweges zu ändern.

Zitat
Dabei gilt es religionswissenschaftlich zwischen dem Phänomen des Wechsels innerhalb eines religiösen Feldes und über seine Grenzen hinweg zu unterscheiden, d.h. von "Zeugen Jehovas" zu einer Reformierten Kirche oder von einer sunnitischen Haltung zur Shi´a und umgekehrt. Der Hinweis auf einen Wechsel der Rechtsschulen scheint mir irreführend.



Richtig ist, dass man immer noch Muslim ist, auch wenn man von einer Rechtsschule zu einer anderen wechselt. Genauso wie man Christ bleibt, wenn man vom Protestantentum zum Katholizismus wechselt oder umgekehrt. Trotzdem liegt dort ein gewisser Paradigmenwechsel vor, d.h. eine Änderung des Blickwinkels auf die Religion. Daher ist es m.E. nicht unbedingt "irreführend", oder nur, wenn man diesen Wechsel rein vom religionsrechtlichen Blickwinkel aus betrachtet. Das war hier aber gar nicht der Punkt, sondern es geht darum, wie viele Menschen überhaupt bereit sind, ihren bisherigen Weg zu hinterfragen oder überhaupt ihre bisherige Religion / Weltanschauung nachzuprüfen, und da muss man sagen, die wenigsten sind es offenbar, sonst würde es viel mehr Konversionen geben, egal woher und wohin. Die meisten bleiben nun mal das, wohin sie hineingeboren wurden, ohne dass sie überhaupt wissen, was das im einzelnen ist. Wie viele nennen sich Christen / Muslime und haben doch keine Ahnung von ihrer Religion?

Zitat
Der gegenwärtige Standpunkt der gesellschaftlichen Mehrheit neigt dazu, die uns Muslime entscheidendne Frage des Glauben(aktes) für nebensächlich zu halten. Dafür wird die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, d.h. Kirche, betont und von ihr auf die Gläubigkeit einzelnen geschlossen, was ich für nicht sachgerecht halte. Schließlich kann jemand Christ sein, ohne einer Kirche anzugehören.



weil es uninteressant für die Gesellschaft ist, was jemand im einzelnen glaubt, solange es beim Glauben im stillen Kämmerlein bleibt und daraus keine Taten folgen. Wenn daraus allerdings sichtbare Tätigkeiten erwachsen, wie bei der muslimischen Frau das Kopftuch beispielsweise, oder die Ablehnung des Zinssystems, dann wird so ein Gläubiger, egal ob Konvertit oder nicht, als eine Bedrohung wahrgenommen.

Zitat
Die Hinwendung zum Islam kann sowohl ein Bekenntnis zur Wahrheit sein als auch Bestätigung der Liebe zum Partner, zur Partnerin . . . . aber ebenso der Wille zu einer Gemeinschaft gehören zu wollen .... z.B. einer Peer Gruppe, was dann auftaucht, wenn ein Jugendlicher mit Muslimen heranwuchs.



wie gesagt, "den" Konvertiten gibt es nicht. Es könnte nämlich auch schlichtweg sein, dass er die Wahrheit des Islams, d.h. Tauhid, erkannt hat! Aus den o.g. Gründen, vor allem was den Wunsch nach Zugehörigkeit zu einer Peer Gruppe angeht, kann ein Jugendlicher auch in die rechts- oder linksextreme Szene geraten. Oder die "Peer group", wie man so schön sagt, ist gar nicht politisch orientiert, sondern nur irgenwie schräg, wie die Gothics etwa. Das sollten aber alles keine Gründe sein, zum Islam zu konvertieren, denn wer Liebe zum Ehepartner oder den Wunsch nach Zugehörigkeit irgendwohin zum Anlass nimmt, sich einer Religion oder Bewegung anzuschließen, macht diese Religion / Ideologie zu etwas Austauschbarem. Mit dem nächsten Ehepartner wird man dann eben Buddhist? Trotzdem sollten wir uns hüten, einem Konvertiten das zu unterstellen. Leider habe ich festgestellt, dass auch wir "Alt-Konvertiten" mit diesen Verdächtigungen schnell bei der Hand sind. Genauso wie man gern unterstellt, dass "geborene" Muslime einfach nur dem folgen, was ihre Eltern sind. Aber vielleicht haben auch einige von ihnen nachgeforscht und sind zu dem Schluss gekommen, dass der Islam richtig ist für sie? Wir können aber nicht jedem ins Herz schauen, warum er sich welcher Gruppe zurechnet, jeder kann nur an sich selbst arbeiten. D.h. er muss sich fragen, "Inwieweit bin ich bereit, mich mit dem Bisherigen auseinanderzusetzen und zu hinterfragen?"

Zitat

Da die Muslime im Laufe der Geschichte ihrer Gemeinschaft, jama´at, alle Optionen priesterliche Hierarchien auszubilden vorübergehen ließen



das gilt aber nur für Sunniten. Bei den Schiiten gibt es so eine Hierarchie zumindest ansatzweise, aber noch lange nicht so wie im Katholizismus. Imam Khamenei wollte mal Prüfungen für Ayatollahs einführen, was aber am Widerstand der Traditionalisten scheiterte.

Zitat
Zudem schließen Europäer unberechtigter Weise von ihrer gegenwärtigen technisch-zivilisatorischen Überlegenheit auf eine kulturelle Dominanz, und diese verträgt den Wechsel zu einer anderen Religion schlecht. Schließlich haben wir doch eine "Leitkultur" .... oder ?



Wobei diese Leid(t)kultur nur hervorgeholt wird, wenn es gilt, gegen den Islam Stellung zu beziehen. Was sie genau ausmacht, ist nicht fest definitert, "Leitkultur" ist ein eher schwammig gehaltener Kampfbegriff, mehr nicht. Manchmal kommt es mir vor, als wolle man damit aussagen: "Wir sind für alles offen, außer für den Islam." Noch putziger ist ja das gebetsmühlenartige Beschwören der "jüdisch-christlichen Leitkultur", aber wir schweifen ab.

Zitat
So manche Konvertiten, denen ich in meinem Leben begegnet bin, haben mich daher gebeten, mein Wissen nicht zu gebrauchen.



wie ist das gemeint?

wa salam


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RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#7 von Albert von Bieren ( gelöscht ) , 04.01.2012 13:08

Salam,
nun warum? Eine Frage ist zu was konvertiert man. Da gibt es beispielsweise in Deutschland einen sehr bekannten Konvertiten Namens Pierre Vogel. Ob dessen Theologie mit dem Koran konform ist stelle ich hierbei mal in Frage. Wenn man mal bei Youtube schaut gibt es allerlei Konvertierungsgeschichten dort. Aber ich möchte ehrlich gesagt in keinem salafistisch oder wahabitisch geprägten Staat leben. In Saudi Arabien ist ein der Besitz einer Bibel strafbar. Auch Schiiten werden dort verfolgt.
Wenn im TV Diskussionen über den Islam stattfinden werden oft extremistische Salafisten eingeladen. Viele Deutsche sagen sich dann damit möchte ich nichts zu tun haben. Oder wenn Frauen mit einer Burka rumlaufen. Davon steht im Koran auch nichts.


Albert von Bieren
zuletzt bearbeitet 04.01.2012 13:15 | Top

RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#8 von Fatima Özoguz , 04.01.2012 17:31

Zitat von Albert von Bieren
Salam,
nun warum? Eine Frage ist zu was konvertiert man. Da gibt es beispielsweise in Deutschland einen sehr bekannten Konvertiten Namens Pierre Vogel. Ob dessen Theologie mit dem Koran konform ist stelle ich hierbei mal in Frage. Wenn man mal bei Youtube schaut gibt es allerlei Konvertierungsgeschichten dort. Aber ich möchte ehrlich gesagt in keinem salafistisch oder wahabitisch geprägten Staat leben. In Saudi Arabien ist ein der Besitz einer Bibel strafbar. Auch Schiiten werden dort verfolgt.
Wenn im TV Diskussionen über den Islam stattfinden werden oft extremistische Salafisten eingeladen. Viele Deutsche sagen sich dann damit möchte ich nichts zu tun haben. Oder wenn Frauen mit einer Burka rumlaufen. Davon steht im Koran auch nichts.



Salam

das wäre wieder eine Frage für sich, wer warum wohin konvertiert. Eins muss man den Salafiten jedenfalls lassen: Sie machen viel auf Deutsch, Nationalismus gibt es bei ihnen nicht, und gerade junge Leute werden gezielt angesprochen. Wie viele letztendlich noch dort bleiben, sei dahingestellt.

wa salam


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RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#9 von Cengiz Tuna , 06.01.2012 15:32

Ich möchte gerne dieses Thema noch einmal aufgreifen.

Zitat
Es ist ein Merkmal unserer Zeit, dass das Thema Religion und Wahrheit kaum noch eine Rolle spielt in Führungskreisen, denn anders ist es nicht zu erklären, dass es so wenig Konvertiten unter Führungskräften gibt.



Weil die meisten Menschen die Wahrheit nicht akzeptieren, und weil der Mensch nicht selbstkritisch genug ist.

Zitat
...es geht darum, wie viele Menschen überhaupt bereit sind, ihren bisherigen Weg zu hinterfragen oder überhaupt ihre bisherige Religion / Weltanschauung nachzuprüfen, und da muss man sagen, die wenigsten sind es offenbar, sonst würde es viel mehr Konversionen geben, egal woher und wohin.



Zu einer Konversion kommt es im religiösen Sinne, wenn man bei der kritischen Hinterfragung seines eigenen Glaubens, oder seiner Überzeugung, Fehler oder Widersprüche erkannt hat, und somit einen anderen Weg einschlägt. Also im Idealfall, eine Annäherung an die Wahrheit.

Nur kommen wir so an einen sensiblen Punkt des Menschen: Die Kritikfähigkeit. Nichts fällt dem Menschen schwerer, als die eigenen Fehler anzuerkennen. Der Mensch sucht die Fehler immer bei anderen, und zuletzt bei sich selbst. Das geht soweit, dass der Mensch sich sogar selbst belügt. Es ist eine Form des Egoismus. So wie im Einzelnen, gilt das auch für Bevölkerungen und Glaubensgemeinschaften. Selber auf dem falschen Weg, das kann nicht sein. Wir sind die Besten, wir glauben das Richtige, die anderen liegen falsch. So entsteht auch Nationalismus.

Ein anderer Grund ist die Bequemlichkeit. Der Mensch geht lieber den leichteren Weg, als den steinigen. Nehmen wir das Beispiel Islam. Wenn der Mensch erkannt hat, dass der Islam die Wahrheit ist, und er konvertieren müsste, hätte das Konsequenzen auf sein Leben. Er dürfte bestimmte Dinge nicht mehr tun. Müsste fünf Gebete täglich beten, im Monat Ramadan fasten, kein Alkohol trinken usw. Als Frau müsste sie auf ihre Kleidung achten und ein Kopftuch tragen. Das erscheint dem Menschen schwer, obwohl es zu seinem Wohl ist.

Und aus diesen und anderen egoistischen Gründen hat man auch damals die heiligen Menschen nicht erkannt, oder nicht erkennen wollen. Immer wenn ein Heiliger kam und die Menschen zu Gott einlud, und ihnen die Gebote brachte, haben die Menschen sie verfolgt und ermordet. Dabei waren die Reichen und Herrscher ihre größten Feinde. Über Noah (a.s.) hat man sich lustig gemacht, bis die Sinnflut kam. Moses (a.s.) sollte schon als Kind durch den Befehl Pharaos ermordet werden. Jesus (a.s.) hat man versucht zu kreuzigen. Mohammed (s.a.w.) musste etliche Verteidigungskriege führen. Von den zwölf heiligen Imamen (a.s.) wurden elf ermordet.

Heute ist es nicht anders. Auch heute haben wir eine Heiligkeit die durch den Pharao unserer Zeit bedroht wird. Früher hatte Pharao Pyramiden, heute ist es auf seinem Geldschein gedruckt. Auch heute wird die Heiligkeit aus denselben Gründen nicht akzeptiert und verfolgt. Genau wie damals ruft er die Menschen zur Wahrheit, zur Gerechtigkeit und zu den Geboten auf. Eine Heiligkeit, die dem Kapitalismus, den Imperialisten und den Herrschern eine Gefahr ist, und die ihn deshalb mit ihren ganzen Armeen und Flotten eingekreist haben.

Bloß, wie soll man das den Menschen hier, in einer überwiegend gottlosen Gesellschaft, klar machen? Sie sehen nur einen vollbärtigen Menschen mit Turban, und sehen durch die Anti-Islam-Propaganda einen Islamisten wie Bin Laden. Sie betrachten die Geschlechtertrennung bei den Versammlungen um diese heilige Person. Sie sehen die in schwarz verschleierten Frauen an seiner Seite, und ihnen fehlt das Verständnis dafür. Wie sollen die Menschen begreifen, dass dieser Imam genau so lebt, wie die Heiligen damals gelebt haben. Wie soll man den Menschen, die schon so beeinflusst sind, erklären, dass Imam Khamenei das lehrt, was auch Jesus lehrte. Nur hatte Jesus damals eine andere Aufgabe.

Ich denke das größte Problem des Menschen ist die Abkehr von Gott, und somit den göttlichen Werten. Erst wenn wir diese heiligen Menschen erkennen, und ihre Lehren zu schätzen wissen, werden wir unsere Probleme bewältigen können. Ansonsten werden wir uns immer wieder in unseren eigenen Ideologien verfangen.

Und so wie es aussieht, sind wir hier im Westen, von einer Konversion (Umkehr) noch sehr weit entfernt.


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zuletzt bearbeitet 06.01.2012 | Top

RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#10 von Christoph Sanders , 07.01.2012 13:55

Einen gesegneten Tag allen zusammen.

Gestern ist mir in ganz anderem Zusammenhang ein Gedanke gekommen, aus dem einige Zeilen entstanden sind. Der passt auch ziemlich gut an diese Stelle. Ich würde mich freuen, den einen oder die andere zu vielleicht neuen Gedanken über Gott inspiriert zu haben. Hat von dem, was ich meine, allerdings mehr mit Gott und den Menschen zu tun als mit Überlegungen zur Konversion. Aber wie gesagt, es passt hier trotzdem ziemlich gut. Der notwendige Bruch zu den letzten zwei Sätzen ist möglicherweise etwas schwierig.


Gräbt einer ein Loch in einen Berg, so bleibt ein Berg mit einem Loch. Spült der Fluss eine Flanke des Berges fort, so bleibt ein Berg mit fortgespülter Flanke. Verbrennen die Flammen des Feuers das, was auf dem Berg wächst, so bleibt ein Berg aus verbrannter Erde. Fällt ein Stern des Himmels auf die Bergspitze und schlägt sie ab, so bleibt ein Berg mit abgeschlagener Spitze. Und der Sturm wird den ganzen Berg abtragen bis nichts mehr bleibt.
Doch wer vermag aus dem Berg eine Wolke des Himmels zu machen? Vermag der leere Kelch den Durst des Ausgetrockneten zu löschen? Vermag es das Abbild des gefüllten Kelches?


Christoph Sanders  
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RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#11 von Fatima Özoguz , 08.01.2012 11:12

Zitat von Christoph Sanders
Einen gesegneten Tag allen zusammen.

Gestern ist mir in ganz anderem Zusammenhang ein Gedanke gekommen, aus dem einige Zeilen entstanden sind. Der passt auch ziemlich gut an diese Stelle. Ich würde mich freuen, den einen oder die andere zu vielleicht neuen Gedanken über Gott inspiriert zu haben. Hat von dem, was ich meine, allerdings mehr mit Gott und den Menschen zu tun als mit Überlegungen zur Konversion. Aber wie gesagt, es passt hier trotzdem ziemlich gut. Der notwendige Bruch zu den letzten zwei Sätzen ist möglicherweise etwas schwierig.


Gräbt einer ein Loch in einen Berg, so bleibt ein Berg mit einem Loch. Spült der Fluss eine Flanke des Berges fort, so bleibt ein Berg mit fortgespülter Flanke. Verbrennen die Flammen des Feuers das, was auf dem Berg wächst, so bleibt ein Berg aus verbrannter Erde. Fällt ein Stern des Himmels auf die Bergspitze und schlägt sie ab, so bleibt ein Berg mit abgeschlagener Spitze. Und der Sturm wird den ganzen Berg abtragen bis nichts mehr bleibt.
Doch wer vermag aus dem Berg eine Wolke des Himmels zu machen? Vermag der leere Kelch den Durst des Ausgetrockneten zu löschen? Vermag es das Abbild des gefüllten Kelches?



Hallo Herr Sanders

das sind sehr interessante Gedanken. Manche schiitischen Gelehrten haben den Berg im Quran als Metapher für das Ego genommen. Wenn das gesamte Ego abgetragen wird, dann erst hat der Mensch die größte Gottesnähe erreicht.

Aber das haben Sie vermutlich nicht gemeint. Ich verstehe das so: Es reicht nun mal nicht, immer nur gegen etwas zu sein, es muss etwas Konstruktives Neues , Besseres daraus entstehen, eben die "Wolke am Himmel". Der leere Kelch, eben das Negieren von allem Bisherigen, vermag den Durst nicht zu stillen. Aber auch nicht so manch giftiger Inhalt, mit dem er vielerorts gefüllt wird.

Friede mit Ihnen


Fatima Özoguz  
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RE: Warum gibt es so wenig Konvertiten?

#12 von Christoph Sanders , 10.01.2012 20:49

Liebe Frau Özoguz,
Ja, der Berg und das Ego. Beim Schreiben ist mir auch wieder die Interpretation von Moses und dem Berg in den Sinn gekommen. Aber Sie haben recht, das Ego ist in diesem Fall nicht gemeint.
Bei solchen metaphorischen Texten gibt es natürlich keine "richtige" Interpretation. Nur das, was der Autor gemeint hat, und andere Möglichkeiten. Ihre Interpretation gefällt mir ziemlich gut. Beim Lesen Ihrer Zeilen ist mir gleich wieder ein großes Problem unserer Gesellschaft eingefallen. Es scheint mir leichter und beliebter zu sein, das Haus des Nachbarn einzureißen, wenn man den Eindruck hat, es nimmt einem die Sonne weg, anstatt das eigene Haus höher zu bauen.

Gemeint war Folgendes:
Der Berg ist der Mensch. Egal was man als Einzelperson, Gruppe oder Masse mit ihm anstellt, es bleibt immer ein Berg. Mehr oder weniger umgeformt, deformiert oder zerstört. Ich vermute, Sie kennen es, dass man bei manchen Gesprächen den Eindruck hat, man müsse 1000Jahre rufen und hat trotzdem keine Chance, manche Menschen aus ihren Gedankengebäuden herauszulocken und einmal einen Blick in die wirkliche Welt zu riskieren.

Der Mensch kann im Grunde genommen nichts tun. Nicht ohne Gott. Und in diesem Fall meine ich Gottes reale Präsenz, nicht Glaube oder Glaubensinhalte. Das ist der gefüllte Kelch - der Mensch, erfüllt von der göttlichen Liebe, die hinauswill aus dem Menschen zum Nächsten und diesen Weg auch findet - allerdings nur in der wirklichen Welt, nicht über die modernen Kommunikationsmittel (das Abbild des gefüllten Kelches). So kann Gott den Menschen über einen anderen Menschen verwandeln oder für die Verwandlung durch Gott bereit machen. Und es gibt nichts Stärkeres in der Gefühlswelt als die göttliche Liebe. Ich drücke das etwas umständlich aus, weil ich die göttliche Liebe nicht für ein Gefühl halte, das der Mensch in bestimmten Situationen selber haben kann. Es ist etwas, das von Gott kommt - ein Geschenk. Dieses Geschenk wiederum kann allerdings unter Umständen ein ziemliches Gefühlschaos verursachen.
Natürlich hat Gott beliebige andere Möglichkeiten, Menschen zu sich zu rufen; Gott läßt uns aber auch jede Menge Freiheiten; entweder auf dem uns von Gott vorbestimmten Weg zu gehen oder dem eigenen Willen zu folgen; oder Satan. Zu unseren Aufgaben gehört es, uns für Gott einzusetzen - also auch die göttliche Liebe in die Welt zu bringen; in eine Welt, die von Eros dominiert wird.
Wenn man aufhören möchte, Berg zu sein, bleibt einem nichts anderes übrig, als Schritt für Schritt auf Gott zu zugehen. Für Nachfolger Jesu, hat das auch mit dem Halten seiner und Gottes Gebote zu tun.
Das ist ein recht abenteuerlicher Weg. Man merkt, dass man zunehmend anders wird als die Welt. Desintegration läßt grüßen. Man fühlt sogar anders. Manch einer mag sich vielleicht vor sich selbst erschrecken, wenn sich die "normalen" Reaktionen in bestimmten Situationen nicht einstellen sondern durch ganz andere ersetzt werden. Aber am Ende läuft alles auf ein Ziel hinaus. Den Menschen zu dienen -und damit Gott- und nicht gegen andere Menschen zu leben.
Wer möchte, kann sich ja einmal ausgehend von der göttlichen Liebe und dem Ausdruck "unilaterale Freundschaft" (ist in sich widersprüchlich, ich weiß) durch die Welt der zwischenmenschlichen Beziehungen denken. Es ist hier echte freundschaftliche Zuneigung gemeint. Könnte aber etwas kompliziert sein.


Christoph Sanders  
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Reportage im WDR am 9. 01. "Sarrazins Deutschland"

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