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Warum muss der Prophet ma´sum (fehlerfrei) sein?

#1 von Fatima Özoguz , 19.12.2013 21:21

Die Fehlerlosigkeit der Propheten, erst recht des Propheten Muhammad (s.a.s), war kein Thema, das mich stark beschäftigte, denn auch als Neukonvertierte, die ich damals mit 19 war, stand für mich fest, dass er fehlerlos sei musste. Dann bekam ich auf einem Seminar ein Gespräch zwischen Schwestern mit, die sich über den Propheten (a.s.s.) unterhielten, und im Laufe des Gesprächs kristallisierte sich heraus , dass der Prophet (S.s.) auch Fehler gemacht haben soll (estaghfiruallah). Da war ich ziemlich schockiert und war auf keinen Fall bereit, das für mich anzunehmen. Später, als ich mich mit der Schia beschäftigte, war ich beruhigt, dass dort der Prophet bzw. ALLE Propheten und die Ahl al- Bait als fehlerlos gelten.
Leider haben viele Menschen, auch Muslime, mit der Ismah, der Fehlerfreiheit der Propheten, ziemliche Schwierigkeiten. Sie berufen sich dann auf Verse wie "ich bin ein Mensch wie ihr". Diese Formulierung könnte dazu verleiten, dass das bedeutet, dass der Prophet (s.a.s.) genauso Fehler macht wie wir und dass das nur heißt, dass er keine großen Sünden macht wie Ehebruch, Alkoholkonsum usw.

Aber es gibt in den sunnitischen Hadithsammlungen zahlreiche Überlieferungen, dass der Prophet (s.a.s.) mal ein Gebet verschlafen haben oder den Dattelpalmen falsche Ratschläge gegeben haben soll, wie sie ihre Dattelpflanzen befruchen sollen, und daraufhin eine Missernte einfuhren.
Kann man sich so etwas tatsächlich vorstellen, dass das höchste Geschöpf der Welten so etwas getan haben soll?
Sein Gebet war auch nicht wie unser Gebet, es war eine Himmelfahrt, wie kann man dann annehmen, dass er es verschlafen haben soll? Mit solchen Gedanken versucht der Mensch, den Propheten (s.a.s) auf seine Ebene herunterzuholen. Das ist sehr gefährlich, denn wenn man denkt dass sogar der beste Mensch der Welten kleinere Fehler gemacht hat, kommt man schnell zu dem Trugschluss, dass es ja auch nicht so schlimm sein kann, wenn wir gewöhnliche Menschen auch größere Sünden und Vergehen begehen.
Er war für uns ein schönes Vorbild:
"Ihr habt in dem Gesandten Allahs wirklich ein schönes Beispiel für jeden, der auf Allah und den Jüngsten Tag hofft und oft Allahs gedenkt. (33: 21).
Die Übersetzung "Unfehlbarkeit" für Ismah ist auch irreführend. Ismah bedeutet nicht, dass der Prophet (Sa.s.) sozusagen nicht anders konnte, dann wäre er wie ein Engel gewesen, zwar ohne Sünde, aber auch ohne Handlungsfreiheit. Es war nur so, dass die Propheten und die Ahl al- Bait, also die fehlerlosen, reinen Menschen, sofort das Feuer sahen, wenn sie eine Sünde sahen, sie bemerkten also sofort die Folgen davon, im Gegensatz zu uns.

"Euer Gefährte irrt nicht und wurde auch nicht verleitet, und er spricht auch nicht aus niederer Begierde. Es ist nichts anderes als eine Offenbarung, die ihm eingegeben wird." (53:2-4)

Es steht hier ganz klar, dass der Prophet nichts aus dem Antrieb seines Nafs´heraus tat, sondern dass er die Offenbarung war. Warum auch immer, wird dieser Vers immer "Es ist nichts anderes als eine Offenbarung, die offenbart wird". Warum "es", wenn zuvor die ganze Zeit vom Propheten (S.a.s) selber die Rede ist? Der Prophet selber war die Offenbarung! Jedes Wort, jede Tat von ihm war Offenbarung! Als Gegenargument wird gesagt, dass das lediglich bedeute, dass der Prophet unfehlbar in der Übermittlung der Offenbarung war, aber nicht in seinem "sonstigen" Leben. Also soll das heißen, dass der Prophet (s.a.s.) sozusagen eine "gespaltene Persönlichkeit" war (estaghfirullah), oder warum versucht man, ihn so zweizuteilen? So als wäre er "von Beruf" Prophet und "privat" ein Mann wie jeder andere? Wenn das so ist, wie können wir dann wissen, wann seine Aussage als Offenbarung gesehen werden muss, und wann als die Aussage eines "Privatmannes"? Damit wird ein Bild vom Prophetentum gezeichnet, als ob es eine Art "Beruf" sei, oder wie ein Beamter, der nach 8 Stunden seinen Laptop ausschaltet und in die Freizeit startet. Aber Prophetentum bedeutet, eine Botschaft von Allah zu übermitteln, und nicht nur den Qur´an, sondern auch durch sein Verhalten. Wir sind ja auch gehalten, uns an der Sunnah zu orientieren, an der Verfahrensweise des Propheten (s.a.s).Jeder Atemzug, den der Prophet und seine Ahl al- Bait (a.s.) taten, war um Allahs Willen!
Wie kann man dann annehmen, er habe Fehler gemacht?

Der Reinheitsvers spricht eine deutliche Sprache, wie hier gut erläutert wird.

http://www.eslam.de/begriffe/r/reinheitsvers.htm


Fatima Özoguz  
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RE: Warum muss der Prophet ma´sum (fehlerfrei) sein?

#2 von Stephan Schaefer , 04.12.2015 16:34

Assalam aleikum,

Zur Fehlerlosigkeit der Ahl Bait as. möchte ich ein Ereignis wiedergeben, dass mir in einem der Olum-Al-Quran-Lektionen erlebte.

Der Lehrer kam in die Klasse und fragte: "Konnte der Prophet sas Fehler begehen?"

Es ist eine interessante Frage, denn zunächst muss man verstehen, was mit der Frage gemeint ist. Alle Schüler antworteten, der Prophet sas kann keine Sünden begehen!
Ich jedoch sagte, er kann Sünden begehen und auch der Imam Zaman kann Sünden begehen!
Wer jetzt denkt, dass ich glaube, die Ahl Bait as begangen Sünden und ebenfalls somit der Imam der heutigen Zeit, der verborgen lebt.
Aber ich sagte einleitend, dass man die Frage verstehen muss!
Ich sagte nicht, dass die Ahl Bait as. Sünden begangen bzw. begehen. Ich sagte, dass sie die Möglichkeit haben, aber ob sie es tun ist eine andere Frage!

Man kann die Frage auf zwei Weisen verstehen:

a) Äussere Möglichkeit der Sündenbegehung -> dies ist NICHT möglich, da eine Bedingung für ein Wali Allah ist, dass er sünden bzw. fehlerfrei ist
b) Innere Möglichkeit oder Macht, eine Sünde zu begehen -> Dies ist der Fall. Aber es bedeutet nicht, dass sie es machen!

Auch wäre, wenn die Möglichkeit nach b nicht gegeben wäre ein Problem mit der Gerechtigkeit Allahs! Denn der Koran sagt ja deutlich, dass Hasana und Sayat nur aufgeschrieben werden, wenn man sie auf eigenem Willen durchführt und da die Propheten und Imam as nicht die Fähigkeit besitzen Sünden bzw. Fehler zu begehen, können sie zwangsläufig nur Hasana ausführen, was bedeutet, dass sie letztendlich dazu gezwungen sind.

Die Frage war z.B. so gemeint, ob der Prophet sas die Kraft hatte, jemanden (auch ohne Recht) zu ermorden. Dies hatte er zweifellos, aber er hätte es nie getan, auch wenn er noch so veranlasst dazu wäre. Dies gilt übrigens für alle Propheten as und Imame as.

Wa aleikum salam

Stephan Schaefer  
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RE: Warum muss der Prophet ma´sum (fehlerfrei) sein?

#3 von Yavuz Özoguz , 05.12.2015 12:38

Zitat
Leider haben viele Menschen, auch Muslime, mit der Ismah, der Fehlerfreiheit der Propheten, ziemliche Schwierigkeiten. Sie berufen sich dann auf Verse wie "ich bin ein Mensch wie ihr". Diese Formulierung könnte dazu verleiten, dass das bedeutet, dass der Prophet (s.a.s.) genauso Fehler macht wie wir und dass das nur heißt, dass er keine großen Sünden macht wie Ehebruch, Alkoholkonsum usw.



Es könnte auch anders verstanden werden: Daass er (s.) so ist wie wir bedeutet, dass auch wir hätten fehlerfrei werden können. Das genau ist der Grund dafür, warum wir uns dafür selbst anklagen werden, warum wir es nicht geworden sind. Und der in jeder Zeitepoche vorhandene Fehlerfreie ist der Beweis gegen uns, dass es möglich gewesen wäre.

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RE: Warum muss der Prophet ma´sum (fehlerfrei) sein?

#4 von Stephan Schaefer , 24.03.2016 13:14

Salam

Zitat von Yavuz Özoguz im Beitrag #3

Zitat
Leider haben viele Menschen, auch Muslime, mit der Ismah, der Fehlerfreiheit der Propheten, ziemliche Schwierigkeiten. Sie berufen sich dann auf Verse wie "ich bin ein Mensch wie ihr". Diese Formulierung könnte dazu verleiten, dass das bedeutet, dass der Prophet (s.a.s.) genauso Fehler macht wie wir und dass das nur heißt, dass er keine großen Sünden macht wie Ehebruch, Alkoholkonsum usw.


Es könnte auch anders verstanden werden: Daass er (s.) so ist wie wir bedeutet, dass auch wir hätten fehlerfrei werden können. Das genau ist der Grund dafür, warum wir uns dafür selbst anklagen werden, warum wir es nicht geworden sind. Und der in jeder Zeitepoche vorhandene Fehlerfreie ist der Beweis gegen uns, dass es möglich gewesen wäre.



لَّقَدْ كَانَ لَكُمْ فِى رَسُولِ ٱللَّهِ أُسْوَةٌ حَسَنَةٌۭ لِّمَن كَانَ يَرْجُوا۟ ٱللَّهَ وَٱلْيَوْمَ ٱلْءَاخِرَ وَذَكَرَ ٱللَّهَ كَثِيرًۭا [٣٣:٢١]
Wahrlich, ihr habt an dem Gesandten Allahs ein schönes Vorbild für jeden, der auf Allah und den Letzten Tag hofft und Allahs häufig gedenkt

Dieser Vers sagt ganz deutlich, dass seine Fehlerfreiheit nichts mit Besonderem zu tun hat, sondern wir alle könnten genauso fehlerfrei sein wie der Prophet sas.
Wie könnten wir im Propheten sas ein Beispiel nehmen können, wenn es unmöglich ist!?

Andersrum, wenn der Prophet sas Fehler oder Sünden machen würde, wäre er dann ein gutes Beispiel, dem man folgen sollte?

Ich hatte vor kurzem ein Gespräch mit jemandem, der tatsächlich glaubte, der Prophet sas machte Fehler!
Da fragte ich ihn: "Was würdes du machen, wenn der Prophet sas dir eine Order erteilen würde, die fehlerbehaftet ist bzw. eine Sünde ist?"
Dieser antwortete: "Soll man nicht befolgen!"
Dann fragte ich ihn, wie er erkennen würde, ob es ein Fehler ist?
Und wies ihn auf die Geschichte von Musa as und Khidr hin, in der Musa as die Korrektheit der "Sünden" Khidrs nicht erkannte!
Wie kann also er selbst erkennen, ob eine Order bzw. Tat eines Wali-Allah (Prophet, Imam, Auserwählter von Gott, etc.) korrekt ist, wenn sogar Musa as dies nicht erkannte.
Dies bedeutet, dass diese Geschichte aus der Sure Kahf auch ein Hinweis auf die unbedingte Fehlerfreiheit der Propheten as hinweist.

Wa aleikum salam

Stephan Schaefer  
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RE: Warum muss der Prophet ma´sum (fehlerfrei) sein?

#5 von Fatima Özoguz , 25.03.2016 14:34

Genau die gleiche Argumentation wird ja gerne von Leuten verwendet, die keinen Marja befolgen wollen. Sie sagen immer "Wenn ein Hadith dem Quran widerspricht, soll man es verwerfen." Dass aber ein umfangreiches Studium und Fachwissen für diese Beurteilung nötig ist und nicht nur die oberflächliche Betrachtung einiger Verse, sehen sie dabei nicht. 'Auch wenn der Marja nicht masum ist.
Oder gern wird auch das Argument gebraucht : "Ich brauche keinen Gelehrten, ich habe meinen Verstand." Der wird nur allzu gern mit nafs verwechselt.


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