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Die Ursachen für Extremismus

#1 von Fatima Özoguz , 09.05.2014 23:01

Die Ursachen für Extremismus

Der Prophet sagte:
Das Gute der Dinge ist ihre Mitte.

Imam Ali (a.s.) sagte: „Du siehst den Unwissenden entweder über- oder untertreibend.“

Extremismus findet man in jeglicher Form. Sei es auf dem Feld der Politik, im täglichen Leben, auch in der Religion. Es wird etwa übersetzt mit dem „Äußersten“, meistens im politischen Sinne, und er hat immer eine negative Konnotation. Laut Wikipedia definieren die Bundesbehörden politischen Extremismus als etwas, das die fundamentalen Grundwerte gefährdet.

Extremismus ist meist auch durch eine große Intoleranz gekennzeichnet gegenüber Andersdenkenden, durch ein einfaches, schwarz-weiß gemaltes Weltbild und durch Einsortieren der Menschen in diverse Schubladen, meist ohne mit ihnen gesprochen zu haben

Es ist vor allem ein Problem von jungen Leuten, vor nehmlich jungen Männern, aber natürlich gibt es auch Ältere, die ihm anheimfallen.
Extremismus ist aber auch ein Ausdruck der Verzweiflung, unabhängig ob es sich um Rechts- , Links- oder sonstigen Extremismus handelt.

Eine große Triebfeder sind Armut und Perspektivlosigkeit. Speziell in Ländern, wo große soziale Unterechtigkeit und außerdem Krieg herrschen, findet der Extremismus in Form des Salafismus einen idealen Nährboden. Dazu kommt noch, dass eine verarmte Bevölkerung, die von jeglicher Bildung ausgeschlossen wird, leicht zu radikalisieren ist, und auch Geheimdienste können sich leicht einnisten, die einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufhetzen. Dabei wird wahlweise die ethnische oder religiöse Karte gespielt.

Aber schauen wir nach Deutschland. Kurz der Wende ereigneten sich die schlimmsten Pogrome seit nach dem 2.Weltkrieg gegen Ausländer in Hoyerswerda (1991), Mölln (1992) , Rostock-Lichtenhagen (1992) und Solingen (1993) . Alle Taten wurden von jungen Rechtsextremisten begangen. Was zusätlich für Entsetzen sorgte: In Hoyerswerda und Rostock klatschten Anwohner sogar noch Beifall.
Aber auch heute reißt die Serie der Angriffe auf Ausländer und Farbige nicht ab, vor allem in Ostdeutschland, auch wenn es nicht mehr diese Ausmaße annahm.

Was bringt vor allem junge Leute in den politischen Extremismus? Hier soll nicht der Versuch unternommen werden, irgendwelche Verbrechen zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Sondern es sollen vielmehr die Verhältnisse beleuchtet werden, in denen Extremismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gedeihen.

Zur Zeit der Wende war die Unsicherheit groß, die Enttäuschung auch. Statt der erhofften Chiquita-Bananen und Schokolade gab es Arbeitslosigkeit, weil viele unrentable Betriebe geschlossen und „abgewickelt“ wurden. Wirtschaftliche Not breitete sich aus, der Zusammenhalt bröckelte, eine große Rolle spielte auch die Unsicherheit, denn nach der anfänglichen Euphorie wusste niemand, wie es weitergehen sollte.

Jetzt, nach der Wirtschafts- und Finanzkrise, die noch längst nicht überwunden ist, sehen die Menschen, wie ihre Infrastruktur langsam verfällt. Gleichzeitig wandern viele Arme aus Osteuropa ein, meistens Roma, die ihn ihren Heimatländern unter ärmlichsten Verhältnissen leben und zudem noch diskriminiert werden.
In einer Dokumentation wurde mal gezeigt, dass Bewohner eines Plattenbaus ihre Wohnungen verlassen sollten, weil dort Asylanten einquartiert werden sollten. Leider richten sie ihre Wut auf die Falschen, nämlich auf die Asylanten, nicht etwa auf die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse, aufgrund derer viele Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Rechte Parteien wie NPD versuchen mit der Parole „Geld für Oma statt für Roma“ oder „Maria statt Scharia“ Stimmen zu fangen, in dem arme Einwanderer gegen ebenfalls arme Renter ausgespielt werden sollen. Meistens sind es Länder, in denen der Westen Krieg führt, dazu gehört übrigens auch Wirtschaftskrieg. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass in Marokko subventionierte Produkte aus der EU billiger sind als heimische Ware. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass gerade in Ländern mit großem Reichtum an Bodenschätzen lokale Konflikte provoziert werden zwischen einzelnen Volksgruppen (Kongo, Zentralafrika, Nigeria).
Der Westen hat jahrelang die sogenannte „syrische Opposition“ unterstützt, zusammen mit den diktatorischen Golfstaaten Saudi-Arabien und Qatar . Jetzt wollen viele syrische Flüchtinge nach Deutschland. Vergessen wird dabei allerdings, dass die in letzter Zeit stark gescholtene Türkei über ca. eine Million Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen hat. Deutschland dagegen will nur 10. 000 aufnehmen.
Die Deutschen fühlen sich teilweise mit ihren Ängsten und ihrer Unsicherheit allein gelassen, und sie wissen nicht, was für Ursachen hinter den gigantischen Fluchtbewegungen stehen. Sie haben den Eindruck „die wollen unseren Wohlstand auffressen“, aber erkennen nicht, dass der Kapitalismus die Ursache allen Übels ist, weil er dafür sorgt, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden und der auch Kriege führt, infolge derer viele Menschen ihre Existenzgrundlage verlieren.
Aber auch ohne Krieg wird vielen Menschen in der sogenannten „3.Welt“ die Existenz geraubt, weil sie für den Luxus der Menschen im Westen schuften müssen. Beispielsweise ist die Garnelenzucht in Südostasien dafür verantwortlich, dass die Umwelt so verseucht wird, dass die Menschen ihren Grund und Boden verlassen müssen.
Kann man es diesen Menschen verübeln, wenn sie jetzt dorthin fliehen, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen und nicht selten ihr Leben bei der Überfahrt übers Mittelmeer riskieren. Viele ertrinken sogar.
Die Sarrazin-Affäre hat gezeigt, dass die Massen leicht mit Demagogie zu lenken sind. Dass es ausgerechnet ein Banker ist, der auf Ausländern, Hartz IV-Empfängern und sonstigen sozial Ausgegrenzten herumhackt, passt ins Bild, denn dann kommt niemand auf die Idee, die wahren Verursacher ihrer Misere zu suchen. Islamophobe, bisher weitgehend unbedeutende Autoren mit türkischem oder arabischem Migrationshintergrund wie Akif Pirincci segeln auf dieser Welle, um ihre Machwerke zu verkaufen. Das ist der sogenannte Extremismus aus der spießbürgerlichen „Mitte“ der Gesellschaft, den ich für weitaus gefährlicher halte als Skinheads mit Springerstiefeln.

Aber natürich muss man nicht nur den Rechts-, sondern auch den Linksextremismus von sogenannten „autonomen antifaschistischen“ Gruppen erwähnen. Auch dort reagieren meist junge Leute aus Frustration über die Verhältnisse mit den falschen Mitteln . Gewalttaten gegen Polizisten und Vandalismus sind nicht zu rechtfertigen und ändern auch nichts an der Ungerechtigkeit.
Aber diese Jugendlichen sehen, wie die Armen immer mehr ausgeplündert werden, sie sehen die Folgen von Gentrifizierung und Zwangsräumungen, und dass viele Menschen trotz mehrerer Jobs nicht über die Runden kommen. Sie sehen, dass Altenpflegerinnen und Krankenschwestern für ihren harten Job mit einem Taschengeld abgespeist werden, während Manager Unsummen verdienen. Sie sehen, dass gleichzeitig aber viel Geld für die sogenannten „Bankenrettungen“ locker gemacht werden kann, während gerade im Gesundheitssystem gespart wird, was sich auch auf die gesundheitliche Versorgung auswirkt. Sie sehen, wie unsere Regierung vor den USA kuscht und unsere Rechte immer mehr ausgehöhlt werden, dazu gehört uch das geplante Freihandelsabkomen zwischen den USA und der EU. Wer wird da nicht wütend?
Dass sie protestieren, ist gut und richtig, nur die Art und Weise ist es nicht. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass sich dort auch „agents provocateurs“ einschleusen, um legitime Proteste aus dem Ruder laufen zu lassen.
Bei den Jugendlichen mit muslimischem Hintergrund kommt noch dazu, dass sie sich hier nicht angenommen fühlen und als Deutsche 2. Klasse betrachtet werde, Neurechte führten die Bezeichnung „Passdeutsche“ ein. So hat eine Studie ergeben, dass jemand mit einem türkischen oder arabischen Namen 40 % mehr Bewerbungen schreiben muss als jemand mit deutsch klingendem Namen. Ist es dann ein Wunder, dass Jugendliche, speziell die mit wenig Halt in den Familien, dem Salafismus auf den Leim gehen? Es ist ähnlich wie bei deutschen Jugendlichen aus prekären Verhältnissen: Es kommen rechte oder salafistische Rattenfänger, die den Jugendlichen suggerieren, dass sie zu einer elitären Gruppe gehören und zu Großem ausersehen sind.
Andere wiederum flüchten in die Kriminalität.
Schließlich ist noch der Extremismus bei schiitischen Jugendlichen zu nennen, die vor allem durch Hass gegen Sunniten auffallen. Diese Art des Extremismus ist allerdings weitaus weniger verbreitet als die zuvor genannten Formen. Die Quelle ist dabei bei sogenannten „Geistlichen“ zu suchen, die in London und USA ihre Fernsehsender betreiben und Hasspredigten gegen Sunniten , aber vor allem gegen Imam Khamenei in die Welt hinausposaunen. In der Folge dieser Hasspredigten müssen viele Schiiten in Irak und Pakistan sterben, was wiederum Hass hervorruft.
Auch bei diesen jugendlichen Schiiten in Deutschland macht sich zusehens Frust breit. Sie fühlen sich doppelt diskriminiert: Einmal von der deutschen Mehrheitsgesellschaft, auf der anderen Seite von vielen Sunniten. Sie sehen, dass binnen kürzester Zeit gegen den Militärputsch in Ägypten Tausende auf die Straße zu bringen sind, aber niemand dagegen protestiert, dass ein berühmter schiitischer Geistlicher aus Saudi-Arabien seit Jahren im Gefängnis vegetiert und gefoltert wird. Die meisten kennen ihn nicht einmal, weil unsere Medien darüber nichts berichten. Unsere Medien berichten auch nichts über Parchinar in Pakistan, wo ein Genozid an den Schiiten verübt wird. Aber Muslime lesen auch in den alternativen Medien im Internet, bzw. könnten es. Niemand kann sagen, wir hätten es nicht wissen können. Auch die Tatsache, dass kaum ein namhafter sunnitischer Geistlicher sich von den Massakern an den Schiiten distanziert und sie verurteilt, sorgt für Unmut unter den Schiiten.
Niemand der großen islamischen Verbände in Deutschland bis auf den IGS konnte sich dazu durchringen, gegen das skandalöse Verbot des Vereins „Waisenkinderprojekt Libanon e.V.“ zu protestieren. Auch das erzeugt Frust und Wut.
Frust und Wut erzeugt auch das Ignorieren eines großen anti-schiitischen Kongresses in dem angeblich so „toleranten“ Indonesien.
Es ist insgesamt das Gefühl der Ohnmacht, den Entwicklungen hilflos ausgeliefert zu sein. Leider ist die Reaktion darauf, von welcher Richtung auch immer, meistens nicht die richtige. Gewalt und Hass auf der einen Seite, Resignation und Rückzug auf der anderen Seite sind die falsche Reaktion.
Es ist weitaus zielführender, wenn alle Unterdrückten sich zusammenschließen und gegen ihre wirklichen Feinde kämpfen, nämlich gegen Kapitalismus und Ausbeutung, denn den Kapitalisten ist es nur recht, wenn wir uns gegenseitig bekriegen!


Fatima Özoguz  
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