Können wir wirklich nicht allen helfen? Gedanken auf dem Hundefriedhof
Vor einigen Tagen wurde ein Buch vorgestellt mit dem Titel: „Wir können nicht allen helfen. Ein Grüner über Integration und die Grenzen der Belastbarkeit.“ [1] Autor ist ausgerechnet Tübingens Bürgermeister der Grünen Boris Palmer. Die Tatsache, dass die Grünen inzwischen so ziemlich alle ihre Gründungsideale über Bord geschmissen haben, ist zwar allgemein bekannt, aber die Behauptung, dass wir nicht allen helfen könnten, klang schon allein deshalb so provokativ, weil es eine Aussage der AfD hätte sein können.
Auf einer meiner vielen Dienstreisen durch die Republik kam ich gestern an einer Landstraße in Seevetal vorbei, an der ein Schild stand: Hundefriedhof Seevetal. Währenddessen lief in Deutschlandfunk wieder eine Berichterstattung darüber, wie die Identitäre Bewegung den Hilfsbooten im Mittelmeer das Leben schwer macht. Ich hatte noch etwas Zeit bis zu meinem nächsten Geschäftstermin und folgte der Beschilderung. Da lagen sie also die vielen Waldis, Pützis, Snoopys und Fipsis sehr idyllisch im Wald, während die hungernden Afrikaner im Mittelmeer ertranken. Manche der Grabsteine (ja, die Hunde hatte teils teure Grabsteine) hatten ein Kreuz. Gibt es christliche Hunde?
Wieder fiel mir die Aussage des grünen AfD-Imitats ein: „Wir können nicht allen helfen.“ Ist das wirklich so? Solch eine Behauptung müsste doch zumindest mit Zahlen belegt werden können. Laut UNO Flüchtlingshilfswerk sind aktuell 65 Millionen Menschen auf der Flucht [2]. Davon befinden sich fast 3 Millionen in der Türkei, die weniger Bevölkerung hat als Deutschland und als ärmer gilt. 1 Million sind in der Islamischen Republik Iran, das ebenfalls weniger Bevölkerung hat als Deutschland und ebenfalls als ärmer gilt. Zudem wird der Iran überzogen mit westlichen Boykottmaßnahmen! Ebenfalls 1 Million Flüchtlinge werden dem Libanon zugesprochen. Mit nur 6 Millionen Einwohnern hat also jeder sechste Libanese einen Flüchtling aufgenommen. Das wäre so, als wenn Deutschland 14 Millionen Flüchtlinge aufgenommen hätte, falls Libanon und Deutschland über gleiche Vermögensverhältnisse verfügen würden. Im Libanon gibt es keine AfD. Auch die völlig verarmten Länder Uganda und Äthiopien haben fast eine Millionen Flüchtlinge aufgenommen. Selbstverständlich sind die Verhältnisse in den beiden letztgenannten Ländern für Flüchtlinge nicht annähernd vergleichbar mit der Situation der Flüchtlinge in Deutschland. Daher sollte der Blick auf die Möglichkeiten Deutschlands geworfen werden.
Nach Angabe der Verbraucherzentralen landen Jahr für Jahr in Deutschland 11 Millionen Tonnen Lebensmittel im Wert von circa 25 Milliarden Euro im Müll [3]. Das sind mehr als 30.000 Tonnen an jedem Tag! Würde man vereinfach und großzügig von 1 kg Lebensmittel ausgehen, die ein durchschnittlicher Mensch pro Tag benötigt, könnten davon 30 Millionen weitere Menschen versorgt werden. Allein durch die Verschwendung von uns Deutschen könnte die Hälfte aller Flüchtlinge in der Welt versorgt werden. Aber es gibt ja nicht nur uns Deutsche, sondern auch noch Franzosen, Engländer, US-Amerikaner und einige andere in der Westlichen Welt, die mindestens genau so viel verschwenden wie wir. Die indirekten Auswirkungen, dass wir durch unsere Verschwendungssucht maßgeblich mit dafür verantwortlich sind, dass die Hungernden zu Flüchtlingen werden, wurde hier noch gar nicht berücksichtigt.
Es gibt aber noch eine andere Speise, die die hungernden Afrikaner liebend gerne annehmen würden, wenn wir es ihnen nur geben würden: das Hundefutter. In Deutschland wird im Jahr 2017 ca. 1,5 Milliarden Euro Umsatz mit Hundefutter gemacht [4]. Würde man statt 6 Millionen Hunden 3 Millionen Menschen versorgen, bliebe sogar etwas über.
Und schon könnten wir Deutschen 33 Millionen Menschen mit Lebensmitteln versorgen. Weitere 12 Millionen Katzen entsprächen sicherlich weiteren versorgbaren 3 Millionen Menschen.
Würde Deutschland allein mit seiner unerträglichen Verschwendungssucht aufhören und statt Katzen und Hunden lieber Menschen ernähren, könnte Deutschland allein weit mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge weltweit mit Lebensmitteln versorgen. Allerdings ist hierbei nur berücksichtigt, dass die Menschen in Deutschland mit deutschen Preisen versorgt werden. Würde die Versorgung nicht in Deutschland sondern in den jeweiligen Heimatländern erfolgen, könnte auch deren Unterkunft, Ausbildung und viele andere mehr sichergestellt werden. Die westliche Welt besteht bekanntlich nicht nur aus Deutschland. Zudem ist Deutschland nicht der größte Verschwender im Westen. Würden also die anderen großen westlichen Nationen mitmachen, wie z.B. Frankreich, England, USA usw., dann gäbe es nicht nur keinen Hunger in dieser Welt, sondern auch einen zunehmenden Reichtum!
Ja, wir Deutschen könnten der ganzen Welt helfen, wenn wir unsere eigenen Erkenntnisse umsetzen und verbreiten würden! Ja, wir Deutschen könnten Deutschland zum Leuchtturm für Menschlichkeit in der Welt umgestalten, wenn wir aus dem Wahn des Kapitalismus ausbrechen und die Logik der Menschlichkeit obsiegen lassen würden. Ja, wir Deutschen könnten Vorreiter für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit auf Erden werden, wenn wir unseren Egoismus überwinden und Nächstenliebe praktizieren würden!
Müssten wir dann tatsächlich auf unseren gewohnten Lebensstandart verzichten? Müssten wir ärmer werden, damit die Hungernden nicht mehr hungern? Würden wir Lebensqualität verlieren? Ist es Lebensqualität, wenn man verschwendet und die Seele mit ansieht, wie verzehrbares Brot vernichtet wird? Ist es Lebensqualität, wenn hunderttausende vereinsamter alter Menschen nur noch in einem Hund einen Gesprächspartner finden? Ist es Lebensqualität, wenn die Seele weiß, dass jeden Tag 30.000 Mitmenschen auf diesem Planeten verhungern, weil die Reichen ihren voll gestopften Rachen nicht voll genug bekommen können?
Es gibt eine Lebensqualität jenseits rein materieller Güter. Jene Lebensqualität ist viel größer als das, was wir derzeit erreicht haben. Voraussetzung dafür ist Menschlichkeit und Nächstenliebe. Die Liebe zu Hunden ist ein Ausdruck dieser unerfüllten Sehnsüchte. Einstmals gab es Christen in diesem Land, die das Wort Nächstenliebe in den Mund genommen haben. Sie haben an die Armen der Welt gedacht und waren sogar bereit zu verzichten, wenn dadurch Menschenleben gerettet werden können. Jene Christen sind inzwischen in der Minderheit in einem durch und durch kapitalisierten Land. Es wird Zeit, dass wir deutschen Muslime jenen Christen unter die Arme greifen und die Nächstenliebe hochhalten. Dann wird niemand mehr seinen verstorbenen Hund in einem Waldfriedhof mit einem Kreuz begraben müssen und niemand wird weinen müssen um die Hungernden in der Welt, weil es Letztere nicht mehr gibt. Wir können das schaffen!
[1] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/af...n-15128326.html
[2] https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/cdn/trk/lp/v01/
[3] https://www.verbraucherzentrale.de/lebensmittelverschwendung
[4] https://de.statista.com/statistik/daten/...nach-futterart/