Ein mutiger Jude
Am 6.Mai würde der jüdische Schriftsteller Erich Fried 100 Jahre alt geworden sein.
In Wien geboren, emigrierte er mit siebzehn Jahren nach dem Tod seines Vaters
nach Großbritannien. London sollte denn auch in der Folgezeit sein Lebensmittelpunkt
bleiben. Der bekannte Lyriker- und darauf sei hier vor allem verwiesen- war zeit seines
Lebens, und daraus machte er nie einen Hehl, ein bekennender Anti-Zionist.
Auf diese Tatsache macht auch sein Sohn Klaus in der heutigen Ausgabe der marxistischen
Tageszeitung "junge Welt" (3.5.2021) aufmerksam.
Sein Vater habe diese Einstellung dabei stets als "klaren Teil seiner antifaschistischen
Identität" gesehen. Vor allem wurde sie von ihm auch an andere Menschen weitergegeben.
So empfand es Klaus als "einen Affront, dass Israel ein Land war, das anderen Menschen
weggenommen wurde".
"Das ganze Problem am Zionismus", so Klaus Fried weiter, bestehe ja darin, "dass er eine
ethnische Gruppe über die andere stellt. Und das ist einfach mit dem gesunden Verstand
nicht vereinbar".
Ebenso wahre wie beherzigenswerte Worte, welche zugleich den schäbigen Charakter der
hierzulande dominanten "Antisemitismus-Definition" der jüdischen Organisation "Inter-
national Holocaust Remembrance Alliance" (IHRA) belegen, die ja bekanntlich bereits
die leiseste Israel-Kritik mit der in unseren Breiten oft genug zur vollkommenen sozialen
Ächtung führenden Bezeichnung "Antisemitismus" belegt.
Von dieser Verlogenheit hebt sich in unvorstellbar wohltuender Weise Erich Fried ab, der
bis zu seinem am 22.November 1988 eingetretenen Tod gegen die soziale Ungerechtigkeit
in der Bundesrepublik Deutschland kämpfte. In diesem Zusammenhang scheute er sich
beispielsweise auch nicht, in Kontakt mit dem als "Neo-Nazi" stigmatisierten Michael
Kühnen zu treten.
Thomas Wagner veröffentlichte dazu unlängst im renommierten Klett-Cotta-Verlag
unter dem Titel "Der Dichter und der Neonazi. Eine deutsche Freundschaft" ein schmales
Bändchen, das unter anderem die 18 Briefe veröffentlicht, welche beide miteinander
wechselten.
Wenn man weiß, unter welch unwürdigen Verhältnissen die Beerdigung des 1991
verstorbenen Kühnen stattfinden musste- die Antifa blockierte sein Grab und raubte dann
später auch die darin beigesetzte Urne- kann man diesen Mut des Juden Erich Fried erst richtig
ermessen und würdigen, der darin bestand, sich mit dem Nonkonformisten Michael Kühnen
auszutauschen.
Die Zahl der moralischen Vorbilder ist gerade heute denkbar klein geworden.
Erich Fried ist und bleibt daher auf jeden Fall ein nachahmenswertes Beispiel von echtem
Bekennermut!