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Kulturkampf zum Martyrium Sayyid Nasrullahs

#1 von Yavuz Özoguz , 29.09.2024 15:19

Kulturkampf zum Martyrium Sayyid Nasrullahs

Für den Westen war er einer der größten Terroristen, für den Rest der Welt einer der größten Widerstandskämpfer gegen das Unrecht auf Erden. So weit reichen die Meinungen über Sayyid Hassan Nasrullah auseinander. Aber während in der ganzen Welt die westlichen Ansichten diesbezüglich bekannt sind, kann die westliche Indoktrination nur noch dadurch überleben, indem sie die Ansichten und Ereignisse im Rest der Welt unterdrückt, verheimlicht, verfälscht und eigene Verbrechen verharmlost. Dabei geht es um einen Kulturkampf zum Martyrium.



Was ist geschehen? Am Freitag, den 27.9.2024, haben Kampfbomber Israels ein Hochhauskomplex in Beirut mit sage und schreibe 80 Tonnen an Bomben überzogen, so dass sich der gesamte Komplex in Staub verwandelt hat. Was im Westen wie eine präzise militärische Aktion dargestellt wird, war nach halbwegs objektiven Maßstäben ein weiters Verbrechen, welches die Westliche Welt mit allen ihren medialen Möglichkeiten unterstützt. Allein in jenem Hochhauskomplex sind rund 200 Zivilisten (so genau weiß es noch niemand) ermordet worden. In einem unteren Stockwerk hielt sich wohl Sayyid Hassan Nasrullah [1], der Generalsekretär der Hizbollah, auf. Sein Tod kann nur durch Annahme und Auffindung einiger Körperfetzen bestätigt werden, die wohl ihm zuzuordnen sind. Aus dem Haus ist kein Körper geborgen worden, weil alle zerfetzt sind. Nehmen wir an, dass es 200 Menschen waren, so hat jeder eine Ladung von 400 kg Sprengstoff auf seinen Kopf bekommen. Das ist abgesehen von der Unglaublichkeit des Verbrechens der pure Wahnsinn von Wahnsinnigen, die durch die westliche Dauerunterstützung noch größere Verbrechen begehen werden. Gott bewahre uns davor.

Was aber danach geschehen ist, darf der deutsche Medienkonsument nur bruchstückhaft erfahren. Die Systemmedien blockieren total und werden ihrem Ruf als Presstituierte gerecht. Im libanesischen Fernsehen lief gerade live eine Art Tagesschau mit einer durch und durch geschminkten Sprecherin, die ihre Haare offen trug und offensichtlich blond gefärbt war. Diese Schilderung soll nicht als Kritik verstanden werden, sondern dient dazu, zu verdeutlichen, dass es sich nicht um eine „Islamistin“ gehandelt hat. Als sie Eilmeldung auf ihrem Laptop sieht, versucht sie diese wiederzugeben, muss aber dabei in der Live-Sendung weinen. Das Video geht viral [2], aber der deutsche Main-Stream-Konsument darf es nicht sehen, denn das würde ja bedeuten, dass auch „Nichtislamisten“ jenen zum „Unmenschen“ deklarierten Prominenten geliebt haben könnten! Sayyid Hassan Nasrullah war weit über die Konfessionsgrenzen hinaus beliebt und eine Art Vaterfigur im Land. Der christliche General und frühere Präsident Michel Aun veröffentlichte auf X folgende Nachricht: „Mit dem Martyrium seiner Eminenz, des Generalsekretärs der Hisbollah, Sayyed Hassan Nasrallah, verliert der Libanon einen herausragenden und ehrlichen Führer, der den nationalen Widerstand auf den Pfaden des Sieges und der Befreiung anführte. Er war seinem Versprechen treu und loyal zu seinem Volk, das ihm Liebe, Vertrauen und Hingabe im Gegenzug entgegenbrachte." [3] Kein Wort darüber in Deutschland! Wer weiß schon in Deutschland, dass die prominenteste christliche Sängerin des Libanon, sozusagen eine Art libanesische Helene Fischer namens Julia Boutros im Oktober 2006, wenige Monate nach dem Libanonkrieg, das Lied "Ahibba'i" (Meine Lieben) veröffentlichte? Der Text basierte nach ihren eigenen Angaben auf einer Botschaft, die Sayyid Hassan Nasrullah während des Krieges an die Frontkämpfer geschickt hatte [4]. Das Lied kann im Libanon fast jeder von Anfang bis Ende mitsingen!

Die Liebe, die Sayyid Hassan Nasrullah entgegengebracht wurde, reicht weit über die eigenen Landesgrenzen hinaus. Als im irakischen Parlament die Nachricht des Martyriums verlesen wurde kam es zum öffentlichen Schluchzen erwachsener Männer, was ebenfalls viral ging [2]. Kein Wort darüber in Deutschland. Selbst die New York Times beschreibt (leider hinter einer Bezahlschranke) die weltweiten immensen Trauerzeremonien für Sayyid Nasrullah [5].

China hat sich auf Regierungsebene zu dem Vorfall „zutiefst besorg“ geäußert und „wendet sich gegen die Verletzung der Souveränität und Sicherheit des Libanon“. Zudem verurteilt China „jegliche Maßnahmen gegen unschuldige Zivilisten“ [6] Viel deutlicher hat Russland den Mord verurteilt [7]. Und der venezolanische Präsident Maduro verwies darauf, dass ihn Netajahu an Hitler erinnere [8]. Selbst in Jordanien, dessen Diktator vom Westen unterstützt wird, kam es zu großen Straßendemonstrationen für den Libanon! In der gesamten islamischen Welt brodelt es.

Es ist nicht der erste Generalsekretär der Hizbullah, den Israel ermordet hat. Da das bereits über drei Jahrzehnte zurückliegt, können sich die meisten nicht erinnern oder waren noch nicht einmal geboren. Am 16. Februar 1992 wurde Sayyid Nasrullahs Vorgänger namens Sayid Abbas Musawi zusammen mit seiner Ehefrau, seinem sechsjährigen Sohn und vier weiteren Personen bei einem israelischen Hubschrauberangriff auf sein Fahrzeug im Südlibanon ermordet. Von seiner Leiche blieb im völlig ausgebrannten Fahrzeug fast keine Spur übrig. Diese Form des Martyriums erhielt großes Aufsehen unter seinen Anhängern, als ein Video mit einem Gemeinschaftsgebet veröffentlicht wurde, das Abbas Musawi wenige Tage zuvor im Dunkeln leitete. Dabei sprach er ein bis zu jener Zeit völlig unbekanntes Bittgebet, bei dem er um die „Zerfetzung“ des eigenen Körpers als Sühne für mögliche Sünden betet [10], was offenbar in Erfüllung gegangen war.

Hier stoßen zwei Welten aufeinander, die der zionistische Massenmörder Netanjahu als „Kultur des Todes“ bezeichnet hat [11], welchem er die eigene „Kultur des Lebens“ gegenüberstelle. Aber Anhänger der islamischen Befreiungstheologie würden jene kritisierte Kultur als Kultur der Sehnsucht nach dem Martyrium und als wahre Kultur des Lebens bezeichnen. Die extreme kulturelle Diskrepanz hat Auswirkungen, die sachlich beurteilt werden müssen.

Die zionistische Interpretation der Kultur des Lebens bedeutet, dass der Zweck jedes Mittel heiligt. Um selbst am Leben zu bleiben, dürfen Hunderte, ja Tausende ermordet werden. Um selbst am Leben zu bleiben, gibt es weder Recht noch Gesetz. Das Gesetz ist derjenige, der am Leben bleiben will, und das ist der Zionist. Im Bedarfsfall würde man auch Atomwaffen einsetzen. Denn nichts ist wichtiger als am Leben zu bleiben. Die Auswirkungen dieser Ideologie sehen wir heute im Gaza-Streifen, im Libanon und in der ganzen Welt. Die meisten Diktatoren und Tyrannen, die ihre eigenen Bevölkerungen unterdrücken, sind Tyrannen mit westlicher Unterstützung! Die Tatsache, dass im Schnitt 30.000 Menschen jeden Tag am Hunger sterben, ist die Folge westlich-kapitalistischer Hegemonialpolitik. Die Folge jener Denkweise ist, dass es überhaupt keine Rolle spielt, welches Regierungssystem im Land herrscht und welche Ausrichtung eine ggf. demokratische Regierung hat. Es genügt das Geldsystem und die Medien zu beherrschen. Der Rest ist Unterdrückung und die Folge ist, dass die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auseinanderdriftet, selbst wenn „linke“ regieren sollten. Wird aber nur die Frage aufgeworfen, wer denn das globale Geldsystem und die Medien des Westens beherrschen, wird man sofort mit der Antisemitismuskeule erschlagen, ohne dass jeder Kapitalist Zionist ist und jeder Zionist Jude. Wenn ein Staat sich aber nicht dem Imperium unterwirft, so wird er erbarmungslos bekämpft. China und Russland sind die großen „Feinde“ die gesamte muslimische Widerstandsfront bestehend aus Iran, Irak, Syrien, Jemen, Palästina zusammen mit wenigen anderen wie Venezuela sind die kleinen Feinde. Die kapitalistische Lebenskultur ist eine Kultur für eine Handvoll Superreicher, die nie den Schlund voll genug bekommen.

Dem gegenüber steht die Sehnsucht nach Martyrium der Heiligen unserer Zeit. Es mag für den westlichen Leser, der diese Kultur nicht einmal vom Hörensagen kennt, etwas befremdlich erscheinen, aber Leute wie Sayyid Hassan Nasrullah und auch Imam Chamenei beten beständig darum, als Märtyrer sterben zu dürfen. Was bedeutet aber „Märtyrer“ in diesem Sinn? Der Sinn ist so heilig und so attraktiv, dass der Westen versucht hat diese Heiligkeit mit ihren Propagandamitteln zu verunglimpfen und jeden IS-Selbstmörder, der möglicherweise Sprengstoff westlicher Geheimdienste trug, zum Märtyrer erklärt hat. Nein, die Art Martyrium, wie sie ein Sayyid Nasrullah sich gewünscht hat, ist ein Ewiges Leben in Glückseligkeit. Jene ewige Glückseligkeit ist ohne die 72 Jungfrauen, von denen westliche Presstituierte träumen, aber dafür mit der eigenen geliebten Ehefrau!

Das Wort „Märtyrer“ hat im Arabischen die gleiche Wortwurzel wie „Zeuge“ und bedeutet sogar das selbe. Jemand bezeugt mit seinem ganzen Leben die Wahrheit. Eine Heiligkeit seiner Zeit [12] betet darum, mit jedem Atemzug die Wahrheit ein- und auszuhauchen, auch mit dem letzten Atemzug. Das bedeutet, er lebt für die Wahrheit und ist auch bereit dafür zu sterben. Der Grund, warum z.B. die Islamische Republik Iran keine Atomwaffen besitzt, liegt in einem religiösen Urteil begründet, dass Imam Chamenei erlassen hat, da Atomwaffen unmenschlich sind [13]. Selbst wenn der Nichtbesitz Vertreter des unbedingten Lebensfanatismus wie die aktuelle zionistische Regierung dazu ermutigen könnte, diese gegen den Iran einzusetzen, so ist ein wahrer Märtyrer lieber Abel als Kain. Märtyrer heißt nicht nur sterben als solcher. Es bedeutet vielmehr vorher zu leben als solcher. Ein Mensch, der sich für die Wahrheit und die Gerechtigkeit einsetzt, kann ein Märtyrer sein, selbst wenn er seinen Schöpfer nicht zu kennen glaubt. Aber seine innere Stimme leitet ihn zu den schönsten Namen Gottes, die auch Wahrheit und Gerechtigkeit beinhalten.

Diese zwei Kulturen, die ideologisch aufeinanderprallen, prallen im sogenannten Heiligen Land auch materiell aufeinander. Auf der einen Seite steht ein Staat, der das Land von Palästinensern „befreien“ will, weil er es als Exklusivstaat für Juden definiert, bei dem andere bestenfalls Bürger zweiter Klasse sein können. Daher sind Mord und Vertreibung – koste es was es wolle – in den Augen jener Kultur legitime Mittel. Die gesamte Weltliche Welt, alle voran die USA und Deutschland unterstützen jenen kulturell bedingten Völker- und Massenmord und setzen alle ihre Mittel ein, damit es zu keiner Verurteilung kommt. Auf der anderen Seite steht die Kultur des Martyriums, das Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Frieden und Freiheit für alle Menschen gleichermaßen anstrebt, so dass Juden, Christen und Muslime gleichermaßen und gleichberechtigt in ihrer Heimat Jerusalem und überall in der Welt leben können. Dafür sind die Anhänger jener Kultur bereit ihr Leben zu geben, denn sie wissen, früher oder später wird jeder sein irdisches Leben abgeben müssen. Im Sinne des Ewigen Lebens ist der Einsatz für Wahrheit gemäß dieser Kultur essenziell.

Ich schreibe hier nichts Neues. Jener Kulturkampf währt seit Kain und Abel. Doch die Vertreter der Kultur des Ewigen Lebens glauben, dass der Tag kommen wird, an die Gerechtigkeit auf Erden siegen wird, unabhängig davon, ob sie es selbst miterleben oder erst ihre Enkel oder Urenkel. Eines ist aber sicher: Jeder muss sich für seine eigene Kultur entscheiden und trägt allein die Verantwortung dafür.


[1] http://www.eslam.de/begriffe/n/nasrullah.htm
[2] https://www.youtube.com/watch?v=CKdqDlGbcLs
[3] https://www.newsweek.com/nasrallahs-deat...nd-born-1960747
[4] http://www.eslam.de/begriffe/b/boutros_julia.htm
[5] https://www.nytimes.com/article/nasralla...h-protests.html
[6] http://ph.china-embassy.gov.cn/eng/fyrth...29_11500223.htm
[7] https://www.deutschlandfunk.de/russland-...ung-zu-100.html
[8] https://en.mehrnews.com/news/222088/Madu...ds-us-of-Hitler
[9] http://www.eslam.de/begriffe/m/musawi_sayyid_abbas.htm
[10] http://www.eslam.de/manuskripte/bittgebe...bbas_musawi.htm
[11] https://www.palestinechronicle.com/netan...lture-of-death/
[12] http://www.eslam.de/begriffe/h/heiligkeit_unserer_zeit.htm
[13] http://www.eslam.de/begriffe/a/as/atomwaffen-fatwa.htm

Yavuz Özoguz  
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RE: Kulturkampf zum Martyrium Sayyid Nasrullahs

#2 von Tobias Martin Schneider , 29.09.2024 20:25

Zitat: ,,Für den Westen war er einer der größten Terroristen, für den Rest der Welt einer der größten Widerstandskämpfer gegen das Unrecht auf Erden."

Naja, wohl eher wäre der Westen als Rest zu bezeichnen & der sogenannte
,,Rest" als Großteil der Welt & Menschheit

Nix für ungut!


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zuletzt bearbeitet 30.09.2024 | Top

RE: Kulturkampf zum Martyrium Sayyid Nasrullahs

#3 von Dr.Josef Haas , 29.09.2024 21:00

Ihr Beitrag, lieber Herr Dr.Özoguz, zum Martyrium Sayyid Nasrullahs, hat mich tief berührt.
Ihm ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, außer vielleicht dem Hinweis auf den
permanenten Verrat zugunsten Israels in den arabischen Reihen. Die "junge Welt"
macht in ihrem Kommentar zum Tode von Hassan Nasrullah in ihrer Ausgabe vom
30.September auf diese Tatsache extra aufmerksam.
So verpuffen auch all die Erklärungen bezüglich einer wie auch immer gearteten
militärischen Reaktion des islamischen Widerstandes und vermögen bei den
Zionisten nur noch höhnische Reaktionen darauf auszulösen.
Man fragt sich in diesen so traurigen Zusammenhängen sowieso: Wo bleibt denn Gott
angesichts des israelischen Völkermordes in Palästina? Haben die dortigen Menschen
wohl weniger Rechte bei ihm als Israelis?
Fragen über Fragen, welche mein bislang vorhandenes uneingeschränktes Gottvertrauen
schon sehr ins Wanken gebracht haben!

Dr.Josef Haas  
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