Der Begriff „Arabischer Frühling“ hört sich toll an. Mit Frühling verbinde ich immer das Erwachen der Natur und der Neubeginn einer unbeanspruchten Epoche. Im Frühling erwacht die Artenvielfalt und die gesamte Prognose des kommenden Jahres ist dahingehend ausgerichtet, dass es nun aufwärts geht. Aber trifft das auch auf die arabischen Welten zu...?
Was seinerzeit in Tunesien begann und sich wie ein Flächenbrand weiterhin in gemäßigterem Tempo fortsetzte, scheint nun in massiver Ernüchterung einher zu gehen. Mit Erschrecken stellt man fest, dass die Visionen der Realität gewichen sind. Es werden in Ägypten weiterhin Menschen zu Tode geprügelt, die Reformen wollten und selbst in Libyen ist längst nicht die angedachte Entspannung und Verbrüderung vieler Stämme erfolgt.
Der Denkfehler beruht in diesem Fall in der Tatsache, dass hier viele Interessen aufeinander treffen, die unterschiedlich Nach- und Vorteile der einzelnen Gruppen zur Folge haben. Die Angst, Macht und Einfluss zu verlieren, besteht weiterhin und blockiert jene Visionen von Freiheit und Demokratie, die der westlichen Welt vorschwebten. Doch wieso der westlichen Welt...? Es geht doch gar nicht um die westliche Welt! Wirklich nicht...?
Insofern ist festzuhalten: Der innere Frieden eines Landes kann nur von innen heraus erfolgen. Aufgezwungener Friede kann niemals funktionieren! Siehe Irak, Afghanistan, Vietnam und wie sie alle heißen! Einmischungen von außen verzögern lediglich den Regenerationsprozess, so manches Mal um Jahrzehnte!
Diese Prozesse der Selbstfindung der Völker wird man hinnehmen müssen, auch, wenn sie noch so grausam vonstatten gehen. Die amerikanische Methode , „zu versuchen, Grausamkeiten mit gleichartigen Grausamkeiten zu begegnen“, ist für mein Rechtsempfinden nicht nur pervers, sondern einzig vom Eigennutz geprägte Vorgehensweise, die nicht weniger verwerflich ist. Ob Korea, Irak oder demnächst Afghanistan: Überall waren außer immensen Spesen, nichts wirklich Elementares gewesen. Und auch in Libyen wird noch längst nicht Ruhe sein!!
In Jugoslawien mag seinerzeit eine Intervention funktioniert haben. Doch das war wirklich eine der wenigen Ausnahmen, wo man sich die Frage stellen kann, ob sich Krieg wirklich lohnt. Bei einer Intervention, egal, in welchem Bereich sie stattfindet, also auch im Freundes- und Familienkreis, sollte man sich vor dem Handeln immer fragen:
- Bestehen eine kulturelle Gleichheit und die Möglichkeit der gegenseitigen Anpassung?
Je exotischer und von der intervenierenden Kultur abweichen, umso unwahrscheinliche auch die Aussicht auf Erfolg. Mujaheddin, Taliban, Vietkong und wie sie alle hießen: Überall haben sich die Intervenierenden die Zähne ausgebissen.
- Wie groß sind der Umfang der beabsichtigten Modifizierung und die Machbarkeit?
Ist damit zu Rechnen, dass politische Akzeptanz der Mehrheit eines Volkes besteht oder wird nur der derzeitige Herrscher unterstützt? Bei einer dem Eigennutz zugrunde liegende Intervention ist die Prognose sehr schlecht. Und bei fehlender Kompromissbereitschaft noch schlechter!!
- Die Größe und das Ausmaß der beabsichtigten Modifizierung?
Wie viele Feldherren haben sich schon in der Weite Russlands aufzeigen lassen müssen, wo ihre Grenzen sind. Die eigene Selbstüberschätzung und fanatische Denkweisen vermochten bisher, ganze Völker in den Abgrund zu treiben.
- Die vorhandenen Mittel, um eine Intervention durchzuführen.
Jeder Krieg bringt zumeist nur Verlierer hervor. Im Grunde wurde noch nie ein Krieg auf der Welt gewonnen, allenfalls eine oder mehrere Schlachten. Unterm Strich, bezogen auf Kosten, Hunger und Leid der Zivilbevölkerungen aller Parteien ist Krieg und Gewalt so ziemlich dass dümmste Mittel, die eigenen Interessen durchzusetzen. Eigentlich ist Gewalt immer ein Ausdruck von Hilflosigkeit. Wenn ein Herrscher auf sein eigenes Volk einprügeln lässt, hat er sein Anrecht verloren, das Oberhaupt seines Volkes zu sein. Wer Gewalt braucht, um seine Macht zu bewahren, dem gebührt einzig Verachtung!
Unter dem Aspekt „Ehrfurcht vor Gott“ kann man natürlich auch ein Volk unterdrücken. Die Masse wird unterworfen und ausgebeutet, damit es einer kleinen Elite gut gehen kann. Dies ist eine Methode zur Festigung von Macht. Seinerzeit sind mit dieser Methode ganze Völker ausgerottet worden. Die Kultur der Indianer Amerikas gibt es praktisch nicht mehr. Auch in einigen arabischen Ländern wird die Angst als Element zur Erreichen von Zielen missbraucht. Beängstigend hierbei sind die Verhaltensweisen, die Fanatismus beinhalten. Das Element „ehrliche Liebe zu Gott“ wird hier nach Belieben zweckentfremdet. Verschiedene Parteien schießen sich im Namen Gottes unter dem Vorwand eines „Heiligen Krieges“ gegenseitig Löcher in die Köpfe und töten die Kinder der Kontrahenten. Welch ein Irrsinn!!
Ich fürchte, Gott kommt sich verhöhnt und verspottet vor, wenn er dieses sieht!!
Je weiter das Ziel von der von uns vorausgesetzten „Normalität“ abweicht, umso mehr auch die grausamsten Mittel, um das Ziel zu erreichen. Und in der Regel dann auch die geistige Verfassung der Anführer dieser Gruppen. Dabei heißt das nicht, dass sie dumm seien. Das Gegenteil wäre hier eher der Fall! Und das ist es dann, was sie für die Welt so gefährlich macht. Es war immer der gleiche „Schlag“ von Menschen, die die Welt ansteckten. Ich denke, dass sich die Gelehrten allesamt einig sind, dass Leute wie Hitler, Napoleon, Nero oder wie sie alle heißen, dem Größenwahn und dem Realitätsverlust verfallen waren!!
Insofern ist festzuhalten: Fanatismus, in welchem Bereich auch immer, sei es auf politischen, religiösen oder sportlichen Grundlagen, ist immer mit Kontrollverlust verbunden!!
Doch die Gedankengänge des Menschen können vielfältig sein. So ist das Kapital ein noch wesentlicheres Mittel, um ganze Völker von sich abhängig zu machen. Auch wenn dieses eine gigantische Verschuldung zur Folge hat, so sind kurzzeitige Ziele jedoch machbar. Die endgültige Zeche wird eh vom Volk übernommen und auch hier gibt es dann jene kleine Elite, die es sich gut gehen lassen kann.
Sie alle können ihre Reichtümer auftürmen, bis hin, zur Unanständigkeit. Dabei ist das Zustandekommen immer mit der Ausbeute des Volkes verbunden.
Die Prozesse der Selbstfindung der Völker sollten möglichst wenig von außen beeinflusst werden. Es macht eh keinen Sinn, wenn einem Volk etwas aufgezwungen wird, was gar nicht zu ihm passt. Demokratieverständnis, so wie es mir vorschwebt, von anderen zu fordern, wäre schlicht hochmütig und arrogant. Ich kann nicht mein Rechtsempfinden als Wertungsmaßstab für andere Kulturen voraussetzen. Was für mich Unrecht ist, kann für Andere zur Normalität zählen und umgekehrt.
Die USA begingen den Denkfehler, dass sie ihren Traum, dass alle Menschen frei in einem Rechtsstaat im Einklang leben sollten und versuchten dann, die Welt zu zwangsdemokratisieren. Aber ist es Freiheit, wenn sich die ganze Welt nach ihren vorgaben ausrichten muss? Ohne Rücksicht auf Kulturen, einzig mit Dollars als Anreiz...?
Die Idee einer freien Welt war wirklich nicht schlecht, nur die Umsetzung war stümperhaft...