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Ein Anschlag auf eine Synagoge, den die Westliche Welt mit zu verantworten hat

#1 von Yavuz Özoguz , 19.11.2014 10:05

Ein Anschlag auf eine Synagoge, den die Westliche Welt mit zu verantworten hat

Ein Anschlag auf unbewaffnete Betende ist immer etwas Grausames! Doch wer so etwas verhindern will, der kann die Augen nicht ewig vor den Ursachen verschließen.

Nach Medienangaben haben gestern zwei Mitglieder der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), einer nichtreligiösen Widerstandsgruppe in Palästina, eine Synagoge in Jerusalem gestürmt. Die Angreifer sollen mit einer Axt, Messern und einer Pistole bewaffnet gewesen sein. Sie haben insgesamt fünf Menschen ermordet und zahlreiche verletzt.

Allein diese Medienschilderung der grausamen Tat zeigt, in welch auswegloser Lage Jerusalem geraten ist. Zwei Menschen stürmen mit einer Pistole und einer Axt eine Synagoge! Hier gibt es nur zwei Möglichkeiten, diese Tat zu erklären. Entweder sind Palästinenser grundsätzlich "Tiere in Menschengestalt", wie es der israelische Ministerpräsident Netajahu bezeichnet, dann muss man sie alle ausrotten bzw. vertreiben, was das Ziel der Zionisten seit sieben Jahrzehnten ist, oder aber es war eine von vielen Verzweiflungstagen, die eine Ursache haben, vor der die Westliche Welt seit sieben Jahrzehnten die Augen verschließt!

Zunächst einmal sind fünf getötete – insbesondere in einer Synagoge Betende – fünf getötete zu viel. Doch um die „Heftigkeit“ der Reaktion der westlichen Politiker vernünftig einstufen zu können ist darauf hinzuweisen, dass fünf Ermordete die Zahl der unschuldig ermordeten Palästinenser ist, die Israel seit dem Jahr 2000 im Durchschnitt alle zwei Wochen ermordet, und in keinem der bisher 11639 erfolgten Morde seit dem Jahr 2000 durch Israel gab es irgendeinen Aufschrei der Westlichen Welt dieser Art! Als im letzten Gaza-Massaker weit über 2000 Palästinenser, darunter hunderte Frauen und Kinder, die sich auch in Moscheen verschanzt hatten, ermordet wurden, war die Empörung nicht halb so groß, wie jetzt auf der Seite der Besatzer.

Der israelische Ministerpräsident Netanjahu kündigt Vergeltung an. Rein rechtlich sind die beiden Attentäter die Schuldigen und müssen nach einem Rechtsverfahren die Verantwortung für ihre Tat übernehmen. Das wird in diesem Fall nicht mehr möglich sein, da beide erschossen worden sind. Netanjahu aber kündigt „Vergeltung“ bei Unbeteiligten an. Die Häuser der Familien der Attentäter sollen gesprengt werden. Vergeltung gegenüber Unschuldigen ist ein Verbrechen, das in der Westlichen Welt nur Israel kritiklos zugebilligt wird. Und die weltweit gegen jegliches Völkerrecht verstoßende Kollektivbestrafung darf aus Sicht der Westlichen Welt ebenfalls kein Staat dieser Erde kritiklos ausführen außer Israel. Bei Israel ist es so, dass sie jedes Verbrechen ankündigen, ausüben und bejubeln dürfen, wobei die Westliche Welt die Verbrechen stets mitträgt.

Doch für den Deutschen Nachrichtenkonsumenten kommt es noch schlimmer (im Gegensatz zu englischen Lesern). Erst wenige Tage zuvor hatte der Terror der faschistischen israelischen Siedlerbewegung einen neuen Höhepunkt erreicht. Der 32-jährigen palästinensischen Busfahrer Hassan Yousef Rammouni, der israelischer Staatsbürger war und für ein israelisches Busunternehmen arbeitete, wurde am Sonntag in Ostjerusalem aufgehängt. Zwar haben die englischen Medien versucht die Tat als Selbstmord darzustellen, aber die Hinweise auf einen Mord verdichteten sich sehr schnell. Der deutsche Leser hingegen durfte weder von dem angeblichen Selbstmord noch von dem wahrscheinlichen Mord irgendetwas erfahren. So geschah der Anschlag auf die Synagoge für den deutschen Leser aus „heiterem Himmel“, wohingegen er in einem Gesamtzusammenhang steht, den die Westliche Welt systematisch verleugnet.

Der Gesamtzusammenhang ist, dass seit Gründung des Staates Israel über 80% der Bevölkerung systematisch vertrieben worden ist und bis heute kein Rückkehrrecht erhält, obwohl es dazu eine UN-Resolution gibt. Mehrere Hundert Moscheen wurden zerstört, einige sogar in eine Synagoge umgebaut. Für nichtjüdische Bürger Israels gelten Sondergesetzte, die nach dem israelischen Historiker Ilan Pape mit den Nürnberger Rassegesetzen vergleichbar sind. So darf zum Beispiel der Jüdische Nationalfond, der sämtlichen zwangsenteigneten Boden an sich gerissen hat, im Zuge der neuen kapitalistischen Privatisierung den Boden nicht an Nichtjuden verkaufen.

Obwohl Israel inzwischen mehr als 85% der Heimat der Palästinenser an sich gerissen hat, sind sie immer noch nicht bereit den verbliebenen 15% eine Art Staatlichkeit zu gewähren. Die größte Gefängnismauer der Welt steht in Palästina und das Freiluftgefängnis Gaza ist das am dichtesten besiedelte Gebiet der Erde. Die Zahl der zionistischen Kriegsverbrechen seit 1948 ist so erschreckend, dass sie systematisch geleugnet werden. Die Westliche Welt darf und will nicht von zionistischen Verbrechen wissen, weder von systematischen Vertreibungen, noch von Vergewaltigungen, noch von Plünderungen oder Morden! Historiker, die es dennoch wagen einen Blick in die wahre Geschichte Palästinas zu werfen, müssen mit der Verfolgung durch Zionisten und Missachtung durch die Westlichen Medien rechnen.

Religiöse Oberhäupter, wie z.B. Imam Chamene’i, die seit Jahrzehnten für eine logische und vernünftige Beilegung des Konfliktes eintreten, werden massiv bekämpft und in den westlichen Medien geradezu als Verrückte diffamiert. Für die Westliche Welt gibt es nur eine Lösung des Palästina-Konfliktes, und das ist die Erfüllung sämtlicher Wünsche der Zionisten!

Nach dem Anschlag auf die Synagoge schrieb der zionistische Kriegstreiber Netanjahu im Internet: „Wir befinden uns in einem Kampf um Jerusalem, unserer ewigen Hauptstadt“. Es gab nicht einen einzigen westlichen Politiker oder Journalisten, der es gewagt hätte darauf hinzuweisen, dass Jerusalem gemäß Völkerrecht und gemäß Internationalem Recht nicht die Hauptstadt Israels ist und die Palästinenser ebenfalls Anspruch auf die Stadt haben! Netanjahus Aussage verstößt zweifelsfrei gegen das internationale Recht.

Eine der Hauptverantwortlichen für sämtliche Massaker der letzten acht Jahre und weiterer bevorstehender Massaker – unabhängig davon ob dabei Juden oder Nichtjuden Opfer werden – ist die deutsche Kanzlerin. Sie besteht immer wieder öffentlich darauf, dass Israel als jüdischer Staat anzuerkennen sei. Damit tritt sie nicht nur das eigene Grundgesetz mit Füßen, denn darin heißt es: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.“ Sie fällt damit auch als Parteivorsitzende einer angeblich christlichen Partei den palästinensischen Christen in den Rücken. Denn wenn Israel nicht der Staat seiner Staatsbürger ist, sondern ein Staat der Juden, dann sind christliche Israelis bestenfalls Bürger zweiter Klasse.

Israel kann in seiner heutigen Form als rassistisches Gebilde nur bestehen, wenn es weiter vertreibt, mordet, plündert, raubt und alle anderen Dinge tut, die zivilisierte Menschen nicht tun dürfen. Will es eines Tages ein Staat werden, in dem Juden, Christen, Muslime und andere als gleichberechtigte Bürger leben, muss sich dramatisch etwas ändern.

Die Westliche Welt lebt eine Politik der Sieger: Der Sieger darf alles, der Verleiere nichts. Sie lebt eine Politik des Verbrechens: Was im Interesse der Westlichen Welt ist, ist niemals ein Verbrechen, selbst wenn die Westliche Welt sämtliche Verbrechen mit verbrecherisch gedrucktem Geld durchführt, und was dem Interesse der Westlichen Welt widerspricht, ist immer ein Verbrechen, selbst wenn es im Rahmen bestehender Gesetze erfolgt.

Das System der Weltherrschaft hat faschistische und rassistische Regime wie das im ehemaligen Südafrika unterstützt. Irgendwann hat man erkannt, dass das System nicht zu halten war und hat endlich eine Lösung gefunden. Jene Vernunft fehlt der Westlichen Welt bei Israel bis heute.

In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 heißt es, dass „es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen“. Jene Herrschaft des Rechts vermissen die Palästinenser seit nunmehr über sieben Jahrzehnten! Die Hauptschuld daran tragen die Unterdrücker und Besatzer in Israel. Aber eine nicht unwesentliche Mitschuld tragen sämtliche Spitzenpolitiker der Westlichen Welt, allen voran Deutschland!

Der Anschlag auf eine Synagoge ist etwas, das ein bewusster Muslim stets mit seinem ganzen Herzen ablehnen wird. Auf betende Menschen zu schießen ist etwas, was der im jedem Menschen wohnenden Natur widerspricht. Nur wenn jene Natur zerstört wird, wird so etwas möglich. Doch die Heuchelei, mit der die vergleichbar wenigen Opfer der Besatzer zu einer Katastrophe stilisiert und die Massenmorde an den Besetzten verharmlost werden, ist nicht zu ertragen.

Nicht zuletzt stellt sich aus einer rein religionsrechtlichen Sicht eine weitere Frage: Ist eine Synagoge, die auf besetztem Land erbaut wird, wirklich ein Gebetshaus? Aus muslimischer sicht gilt, dass ein Muslim ohne die Erlaubnis der Eigentümer eines Grundstücks nicht auf dem Grundstück beten darf und das Gebet auf gewaltsam enteignetem Land ungültig ist. Die Regelungen diesbezüglich im Christentum und im Judentum sind mir nicht bekannt. So lange es den von der Westlichen Welt gestützten Besatzer Israel geben wird, so lange werden wir auch weiterhin derartige grausame Nachrichten hören, sowohl von der einen als auch von der anderen Seite. Als Deutsche können wir die Nachrichten von der anderen Seite oft nur hören, wenn wir außerhalb der deutschen Medien suchen.

Abschlusswort an Muslime in Deutschland, die sich in der Politik engagieren wollen: Ein heikles Thema in Deutschland ist zweifelsohne das Thema Israel. Daher wird beobachtet, dass Muslime, die sich in ihrer Heimat Deutschland in der Politik engagieren wollen, das Thema entweder umgehen oder ignorieren. Aber es gibt keinen Einsatz für Wahrheit ohne Gerechtigkeit. Wer das Unrecht der Besatzer verschweigt, nur um von den Medien verschont und dann gewählt zu werden, nützt weder sich, noch den Muslimen noch dem Land. Denn auch Deutschland kann nur befreit werden, wenn es nicht stets an der Seite von Verbrechern steht. Viel zu viel deutete darauf hin, dass Deutschland auch beim Dritten Weltkrieg auf der falschen Seite stehen und zu den Verlierern gehören wird. Wir Muslime im Land können durch einen aufrichtigen und mutigen Einsatz für Wahrheit und Gerechtigkeit im ausschließlichen Rahmen des Erlaubten mit dazu beitragen, dass beim Dritten Weltkrieg Deutschland nicht wieder alles bezahlen muss, was die Weltherrscher anrichten. In Deutschland können Juden, Christen und Muslime sich gemeinsam für ihre Heimat Deutschland einsetzen. Deutsche Juden aber, die die Besatzung Palästinas für wichtiger einschätzen als die gerechten Interessen Deutschlands können dem Land genau so wenig helfen, wie deutsche Muslime die sich mehr für das Heimatland ihrer Vorfahren einsetzen als für Gerechtigkeit. Wahrheit und Gerechtigkeit kennt keine Nationalgrenzen.


Yavuz Özoguz  
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zuletzt bearbeitet 19.11.2014 | Top

   

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