Muslim-Forum
Willkommen im Forum der Muslime für deutschsprachige Gottesehrfürchtige

Alle Autoren des Forums zeichnen mit ihrem realen Namen



Ein muslimischer Nachruf auf Udo Jürgen Bockelmann

#1 von Yavuz Özoguz , 25.12.2014 16:18

Ein muslimischer Nachruf auf Udo Jürgen Bockelmann

Die Österreicher nannten ihn den größten Künstler ihres Landes und in Deutschland gab es tagelang Sondersendungen in Gedenken an das Ableben des berühmten Künstlers, doch was hat das mit uns Muslimen zu tun?

Sicherlich könnte ein Muslim sich bezüglich eines so berühmten deutschen Sängers, der verstorben ist und um den die ganze Nation trauert, auf die Position zurückziehen, dass das ohnehin ein Mensch war, der einen gänzlich andere Lebensweg gegangen ist und wir daher nichts mit ihm zu tun haben. Aber das Volk, für das wir mit Verantwortung empfinden müssen, unsere Nachbarn, Arbeitskollegen und Bekannten in Deutschland trauern um ihn. Und da schadet es nicht, wenn wir ein wenig Anteil haben an dieser Trauer, um daraus zu lernen für uns, für unsere Nachbarn und für die Gesellschaft.

Zunächst einmal können wir uns alle die Frage stellen, was denn mit unserer Gesellschaft los ist, dass jemand der Udo Jürgen Bockelmann heißt, wohl eher geringere Chancen hätte, sein Talent unter Beweis zu stellen und sich daher umbenennen musste in Udo Jürgens. Allein dieser Umstand sollte ein Licht auf unsere Gesellschaft – aber auch auf uns selbst – werfen, wenn wir einmal darüber nachdenken. Warum verbinden wir mit dem Begriff „Bockelmann“ etwas, was nicht so elegant klingt, was nicht so „hip“ oder „cool“ ist, was nicht so erfolgreich sein kann und fleißig und talentiert usw.. ? Schauen wir auf leere Worthülsen und weniger auf die Seele? Schauen wir mehr auf Worte als auf Taten, mehr auf Kleider als auf den, der sie trägt?

Udo Jürgens ist mit 80 Jahren beim Spaziergang zusammengebrochen und verstorben. Zuvor hat er eine Musikerkarriere hingelegt, die seinesgleichen sucht in Deutschland. Er soll bis zu 1000 Lieder komponiert haben; eine unvorstellbare Zahl. Seine Nahen beschreiben ihn als „fanatischen“ Musikarbeiter, der sich Tag und Nacht für seine Leidenschaft eingesetzt hat. Alles andere, ob Familie, Freunde, Gesellschaft, Kinder, materielle Güter, selbst seine körperliche Gesundheit – ja, alles andere musste hinter dem Ziel „Musik“ zurückstecken. Musik war seine Ausdrucksform und der Erfolg auf der Bühne, der Ausdruck seiner Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung. Finanziell hätte er sich schon längst zur Ruhe setzen können, aber er konnte nicht aufhören. Selbst mit 80 Jahren stand er noch auf der Bühne. Er war mehrfach verheiratet hatte mehrere eheliche und uneheliche Kinder und seiner Frauengeschichten gelten als legendär! Aber das war nichts, was ihn antrieb. Angetrieben wurde er von seiner Liebe nach Musik und seiner Sucht nach Anerkennung. Anerkennung glaubte er auf der Bühne zu erhalten, weil er die wahre Quelle der Anerkennung nur wenig kannte. Und sein angebeteter Götze ließ keine anderen Götzen neben sich zu!

Ein Muslim kann hieraus sehr viel lernen. Zum einen werden Götzen immer zur Zerstörung des eigenen Lebens führen, denn sie sind unvereinbar mit andern Götzen. Wer die Musik anbetet, kann die Familie nicht erfolgreich führen, und wer die Familie erfolgreich führen will, kann die Musik nicht auf die höchsten Stufen der Vervollkommnung vorantreiben. Das gilt für alle Ziele im Leben, die jeweils im Widerspruch zu anderen Zielen stehen. Nur derjenige, der sich dem wahren Gott der Liebe unterwirft, wird alle gottgefälligen Ziele miteinander vereinbaren können. Wer sich Gott unterwirft, der wird seine Familie in Gottes Namen glücklich führen können und auch seinem Beruf in Gottes Namen nachgehen können, ohne dass beide in Konflikt zueinander geraten, denn beides ist dem obersten Ziel der wahren Einheit untergeordnet. Aber will er die höchsten Stufen der Faszination und Liebe erlangen, dann muss er sich mit der Leidenschaft seinem Gott hingeben, wie es ihm maximal möglich ist!

Uns somit kann eine weitere Erkenntnis aus dem Leben jenes Künstlers gezogen werden. Wer sich wirklich mit Haut und Haaren für ein Ziel einsetzt, der wird darin auch einen gewissen Erfolg erlangen. Udo Jürgens war Musiker und hat sein gesamtes Leben diesem Ziel untergeordnet. Und er war erfolgreich darin. Wenn ein Muslim sich nur halb so viel seinem Glauben zuwenden würde, dann könnte er in vielen Bereichen des Lebens viel erfolgreicher sein, denn er ist schließlich als Khalifatullah“, als Stadthalter Gottes erschaffen worden.

Wir können gleichzeitig aus der Gesellschaft erkennen, dass die Gesellschaft sehr gerne einen solchen Menschen ehrt, der – aus ihrer Sicht – der Gesellschaft dienlich ist. Mit seinen Liedern hat Udo Jürgens den jeweiligen Zeitgeist getroffen und den Deutschen aus der Seele gesungen. Daher spielte es für sie keine Rolle, dass er nebenbei seine eigene Ehefrau mehrfach betrogen hat und zeitweise alkoholabhängig wurde. Zu seiner Zeit war es auch in Deutschland ein Skandal ein uneheliches Kind zu haben, selbst wenn man sich das heute gar nicht mehr vorstellen kann. Die Älteren Leser wissen es. Doch die Gesellschaft hat es ihm damals dennoch nachgesehen, denn was er geliefert hat, war zum Mitsingen, und fast alle Deutschen konnten mitsingen. Zugegeben, Merci Chérie und Griechischer Wein mussten erst integriert werden, aber es gab auch Lieder, die die Deutschen von Herzen mitgesungen haben. Das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse war nur eine der Dutzenden Auszeichnungen, die ihm verliehen wurden.

Seine österreichische Staatsbürgerschaft wurde durch eine Schweizer Einbürgerung ergänzt, ohne dass irgendjemand eine Debatte über einen Doppelpass angezettelt hätte. Seine Lieder wurden selbst ins Japanische übersetzt und landeten dort in den Charts auf dem ersten Platz.

Udo Jürgen Bockelmann bezeichnete sich selbst in der Öffentlichkeit mehrfach als Atheist, also als jemand, der nicht an Gott glaubt. Er wollte also die Liebe Gottes – zumindest nach seinen öffentlichen Äußerungen – nicht annehmen. Islamisch betrachtet ließe sich auch sagen: Er glaubte, dass er nicht glaubte. Insofern könnte ich als Muslim die Sache hier abhaken und ohnehin kann er keine einzige seiner Melodien mit ins Grab nehmen. Aber ein Künstler hinterlässt ein Werk, das weiter wirken kann. Wie es wirkt, hängt auch von uns allen ab. Ich gebe zu, dass auch meine Wenigkeit manche Lieder von ihm gerne gehört hat. Zwei meiner Lieblingslieder von ihm werden die meisten Leser (selbst wenn sie keine Muslime sind), nicht kennen: „Wort“ und „Die Krone der Schöpfung“ (Links dazu unten).

Wir können alle aus dem Leben und Sterben eines solchen Menschen lernen, auch auf unserem angestrebten Weg der Wahrheit zum Empfang der Liebe Gottes. Mögen wir die Gnade Gottes mit solch einer Inbrunst anstreben, dass nicht die Bevölkerung, sondern der in uns allen wohnende Geist Gottes mit uns zufrieden ist und anerkennt und uns den Zugang zu der unerschöpflichen Liebe gewährt, für die wir erschaffen worden sind.

Hier nur die Links zu meinen zwei Lieblingsliedern von Udo Jürgens:

Die Krone der Schöpfung: https://www.youtube.com/watch?v=f0IPoebtC6k

Wort: https://www.youtube.com/watch?v=Q4FValjX7PY

Yavuz Özoguz  
Yavuz Özoguz
Beiträge: 1.365
Registriert am: 27.12.2011


   

Moralische Leichenfledderei
Zweite deutsche Wochenschau zum Dritten Weltkrieg

Xobor Forum Software von Xobor
Datenschutz