Professor Dr. Siegwart –Horst Günther – der Entdecker des
Golfkriegssyndroms ist tot
-Nachruf der Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg-
Prof. Siegwart-Horst Günther ist am 16. Januar 2015 im Alter von 89 Jahren in Husum, kurz vor seinem 90.Geburtstag, am 24. Februar ,verstorben.
Er hat sein ganzes Leben im Sinne seines Vorbilds, Albert Schweizer, in den Dienst einer anzustrebenden menschlichen Gesellschaft des Friedens und der Gerechtigkeit weltweit gestellt.
Während des 2. Weltkrieges hatte er als Offizier an der Ostfront die Grausamkeiten und Verbrechen des faschistischen Krieges am eigenen Leibe erlebt. Nicht zuletzt diese Erfahrungen veranlassten ihn, sich der Widerstandsgruppe um Claus Graf Schenk von Stauffenberg anzuschließen. Nach dem Scheitern des Attentats auf Hitler wurde er verhaftet und ins KZ Buchenwald eingeliefert. Nach der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus studierte und promovierte er an der Universität in Jena. Es folgte eine tropenmedizinische Ausbildung in London und Liverpool. Von 1963 bis 1965 arbeitete er in Lambarene (Gabun)) bei Albert Schweitzer, seinem Vorbild. Es folgten Tätigkeiten als Arzt in Ägypten, Syrien, Israel und Irak. Von 1990 bis 1995 lehrte und arbeitete er an der Universitätsklinik Bagdad.
Von 1991 bis 2004 organisierte und realisierte Prof. Günther zusammen mit Dr. Freimut Seidel (DDR-Botschafter a. D. und Nahost-Experte) viele SODI- Hilfslieferungen für irakische Gesundheitseinrichtungen und Flüchtlingslager in Bagdad, Mosul und Basra.
Bei dieser Tätigkeit untersuchte er nach dem zweiten Golfkrieg (1991- 1995) irakische Kinder, welche an einer bis dahin unbekannten Krankheit litten. Seine Untersuchungen ergaben, dass diese Kinder beim Spielen Hautkontakt mit Uran-Munition hatten, die die US-Streitkräfte im Golfkrieg eingesetzt hatten.
Seine Vermutungen, dass diese Depleted-Uranium-Waffen stark radioaktiv sind, bestätigten sich durch Untersuchungen an 3 renomierten deutschen Forschungsinstituten, u.a. am Luise Meitner-Institut.
Prof. Günther war weltweit der erste Wissenschaftler, der den Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Uran-Munition und Krebs, sowie Immunschwächekrankheiten, erkannt und die Öffentlichkeit auf die verheerenden gesundheitlichen Folgen für Zivilisten, Soldaten in Kriegsgebieten, ja, deren Auswirkungen auf die ganze Welt, aufmerksam gemacht hatte. Er war auch der Erste, der zur Ächtung dieser Waffen, die vor einigen Jahren auch führende Wissenschaftler der Schweiz ZU DEN ATOMAREN WAFFEN DER NEUZEIT rechnen, aufgerufen hat.
Professor Dr. Günther lernten wir, die „Mütter gegen den Krieg“, zurückgekehrt von einer Solidaritätsaktion mit 160 Friedensbewegten aus ganz Deutschland während des NATO-Bombardements gegen Jugoslawien, auf einer Friedenskonferenz in Erfurt kennen, auf der er u.a. auch auf den Einsatz von Depleted Uranium-Waffen durch die NATO in Jugoslawien, einschließlich dem Kosovo, aufmerksam gemacht hatte.
Einige Tage später wandte er sich hilfesuchend an uns, als er- allem Anschein nach, für dieses „gefährliche Wissen“ - unter Polizeiaufgebot in eine Psychatrie gebracht werden sollte.
Durch Information aller in Deutschland und der Welt aktiven Friedensorganisationen und eigenem Einsatz konnten wir das verhindern.
Das beispielhafte politische und humanitäre Engagement des Friedensaktivisten Prof. Günther wurde, vor allem im Ausland, mit zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen: dem Special Award 2000 for Peace and Humanity der International Association of Education for World Peace, gegründet vom ehemaligen UN Generalsekretär Boutros-Ghali, der Friedensmedaille der Universität Nagasaki, Japan, dem Preis für Zivilcourage der Solbach-Freise-Stiftung im Jahre 2006, dem Nuclear-Free-Future-Award, Kategorie Aufklärung, im Jahre 2007, dem Preis für Wissenschaft und Kunst der österreichischen Albert-Schweitzer-Gesellschaft u.a. gewürdigt.
In einem sehr aufwendig dokumentierten Antragsverfahren hatten die „Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg“ als auch SODI, Prof. Günther für die Verleihung des Alternativen Nobelpreises 2004 vorgeschlagen. Die Stockholmer „RIGHT LIVELIHOOD AWARD FOUNDATION hatte Prof. Günther auch als Kandidat für die Auszeichnung mit dem Alternativen Nobelpreis 2004 nominiert. Leider ging der Preis dann aber nicht an Prof. Günther, sondern u. a. an die russische Menschenrechtsorganisation Memorial.
Warum wurde Professor Dr. Günther im Laufe seines Lebens zwar im Ausland mit vielen Auszeichnungen geehrt, in Deutschland aber weder von Politikern empfangen, geschweige denn angehört ?
Hatte er doch stets ausdrücklich betont, dass Depleted Uranium-Waffen eine Erfindung der deutschen Faschisten waren, die dann erst durch die USA nach dem 2. Weltkrieg technisch weiterentwickelt wurden !!
Eine von uns im Jahre 2012 vorgeschlagene Ehrung der Universität Jena, angesichts ihrer 450 Jahrfeier, an der Professor Dr. Günther studiert und promoviert hatte, wurde vom damaligen Rektor der Universität, Professor Dr. Dickel, mit der Begründung abgelehnt, dass „eine Ehrung durch die Universität Jena eine besonders hohe wissenschaftliche Reputation, oder eine besondere Verbundenheit mit der Universität voraussetzt“. Unser Einwand, dass der ehemalige Ministerpräsident Thüringens, Bernhard Vogel, bzw. Eduard Schewardnaze, der ehemalige Außenminister der Sowjetunion unter Gorbatschow, die beide eine hohe Auszeichnung der Universität erhalten haben, Letzterer sogar die Ehrendoktorwürde der Friedrich-Schiller-Universität, diese Voraussetzungen GAR NICHT erfüllten, blieb unbeantwortet.
Zeit seines Lebens war Professor Günther ein Mahner gegen den Krieg, der während der Zeit des Faschismus zu den wenigen gehört hatte, die es wagten, notfalls mit ihrem Leben gegen einen braunen Diktatoren, wie Hitler, zu kämpfen und dem es genau wie seinem Lehrer Albert Schweizer stets um die „Ehrfurcht vor dem Leben“ ging.
Führen wir sein Werk fort, damit unser Erdball ein Ort des Friedens werde.
c/o Brigitte Queck, Potsdam, T/F/A : 0331 71 17 71