Wo sind die Hände in Deutschland, die Kerim Ucar schützen?
von Dr. Yavuz Özoguz und Dr. Gürhan Özoguz (Muslim-Markt)
Kerim Uçar (gesprochen Utschar) ist ein sehr umgänglicher Mensch. Es gibt wenige Menschen, die so besonnen und ruhig sind wie er, nicht nur unter Orientalen. Selbst wenn er spricht, spricht er sehr zurückhaltend und leise. Er ist ein islamischer Gelehrter, der sein tief greifendes Wissen über den Islam auch in seinem eigenen Leben umzusetzen versucht. Er hat schon viele Bücher geschrieben, die es auch in deutscher Übersetzung gibt [1]. Seine Nächstenliebe kann jeder miterleben, der mit ihm in Kontakt kommt. Das bestätigen vor allem die Pilgerreisenden, die er zuweilen auf Pilgerreisen begleitet. Als verheirateter Familienvater kennt er auch die Nöte und Bedürfnisse von Jugendlichen und ist bei diesen sehr beliebt. Unter türkischstämmigen islamischen Gelehrten in Deutschland dürfte er zu denjenigen gehören, die am besten die islamischen Riten mit den Bedürfnissen der modernen Zeit in Deutschland in Einklang zu bringen versuchen. Er leitet die Imam Caferi Sadık Moschee in Berlin und ist den Behörden in keinster Weise negativ aufgefallen. In seiner Moschee haben Extremisten und Fanatiker keine Chance und er pflegt einen regen Austausch mit anderen Moscheen Berlins und auch anderen Religionsgemeinden.
Wenn man diesem Menschen irgendetwas vorwerfen kann, dann sind das seine fehlenden Deutschkenntnisse nach über einem Jahrzehnt in Deutschland. Unglücklicherweise lebt er ausgerechnet in der Stadt Deutschlands, in der man auch ohne Deutschkenntnisse gut auskommen kann. Und so hat er die Prioritäten auf die zahlreichen Probleme und deren Lösungen in seiner Gemeinde gelegt und die eigene Sprachentwicklung dabei vernachlässigt. Bei seinen Kindern hingegen bestand er darauf, dass sie eine gute Sprachausbildung erhalten und auch gut deutsch sprechen und ihr Leben auch in deutscher Sprache gestaltet. Er schickte sie auf eine bilinguale Privatschule (deutsch-englisch).
Jener islamische Gelehrte hatte vor wenigen Tagen ein ganz normales Problem, das manche Eltern im Laufe ihrer Kindererziehung haben. Sie wurden zur Schule eines Nachkommen gerufen, weil es ein Problem mit dem Kind gab, das es auszuräumen galt. Das Ehepaar kam und stand zu einem Gespräch bereit. Doch zu dem Gespräch kam es an der Schule nicht – die eine Privatschule ist, an die die Familie Uçar Geld bezahlte – weil es zu einem Eklat kam [2]. Eine Lehrerin bestand darauf, dass der Religionsgelehrte ihr die Hand zu reichen habe. Der Gelehrte des Islam hingegen bestand darauf, dass er das andere Geschlecht nicht berührt und seine Ehefrau eine Berührungsexklusivität bei ihm genießt. Da nützte es auch nichts, dass die Ehefrau der Lehrerin die Hand reichte, was diese auch nicht getan hätte, wenn die Lehrerin keine Frau sondern ein Mann gewesen wäre. Auch sie gewährt ihrem Mann eine Berührungsexklusivität. Diese Szenerie geschieht hunderte Male jeden Tag in fast jeder Großstadt Deutschlands [3]. Und hier geschah es zudem in der Situation, dass ein Kunde zum Dienstleister kam. Einstmals gab es in diesem Land die Regel, dass der Kunde König ist. Aber die deutsche Kultur ist immer mehr zu einer Art wertelosen Islamhass verkommen, in der die eigenen Regeln über Bord geworfen werden, wenn es dem Islamhass dient.
Eigentlich ist die Angelegenheit kein großes Aufsehen wert. Doch der Auftritt der Lehrerin in der Schule muss derart rabiat gewesen sein, dass Kerim Uçar Anzeige erstattet und sein Kind von der Schule nimmt. Wer Kerim Uçar kennt, kann sich gar nicht vorstellen, wie jene Lehrerin aufgetreten sein muss, dass jener sonst so zurückhaltende Mann sich zu solch einem Schritt veranlasst sah. Und aus seinem religiösen Respekt gegenüber jedem Lehrer und jeder Lehrerin heraus ist es auch völlig unvorstellbar, dass er es an Respekt hat fehlen lassen; außer dass ihm die Geste des Nichthandgebens so ausgelegt wurde.
Die dem Kapitalismus und Imperialismus ergebene und daher für ihre Spaltversuche der Gesellschaft bekannte Springerpresse griff die Angelegenheit auf und gestaltete es dann zum Grundsatzdrama der Gesellschaft [3]. Sämtliche Tricks der Propaganda mit Hetzschriftcharakter werden ausgegraben, um dem Religionsgelehrten und damit gleich allen praktizierenden Muslimen im Land zu schaden: Da wird dann gefragt „Was ist an einer Frauenhand schlimm?“ um zu suggerieren, dass die Frauen im Islam minderwertig seien. Dass aber auch die muslimische Frau keinen fremden Mann berührt, wird hier völlig ausgeklammert. Wäre die Angelegenheit auch so verlaufen, wenn der anwesende Mann „nur“ ein Anhänger der no-hands Bewegung gewesen wäre? [4]
Hätte die Springerpresse wohl auch jene unverschämte Frage gestellt, wenn die Geschichte nicht mit einem Islamgelehrten erfolgt wäre, sondern mit einem orthodoxen jüdischen Rabbiner? Hätte die Lehrerin bei dem Rabbiner genau so reagiert? Wäre es jemals zu solch einer Eskalation im Lehrerzimmer und später in den Medien gekommen, wenn nicht der Islam, sondern das Judentum anwesend gewesen wäre? Auch praktizierende orthodoxe jüdische Rabbiner geben einer fremden Frau nicht die Hand.
Bei den Juden wäre diese Geschichte niemals passiert, denn die Konsequenzen für die Lehrerein und die Schule wären verheerend. Die Lehrerin hätte mit einem Disziplinarverfahren zu rechnen nachdem sie sich unverzüglich auf Anweisung der Schulleitung öffentlich entschuldigt hätte. Alle möglichen jüdischen Verbände inklusive vieler jüdischer Gelehrter hätten das unverschämte Verhalten der Lehrerin gerügt. Und die Privatschule hätte innerhalb kürzester Zeit allein wegen des neuen Images einen wirtschaftlichen Schaden zu befürchten. Die Schule hätte alles in ihrer Macht liegende getan, um sich mehrfach öffentlich zu entschuldigen.
Wie aber ist es mit uns Muslimen? Wie viele muslimische Verbände haben bisher reagiert? Wie viele Vorsitzende von Dachverbänden haben den medial in Not geratenen Glaubensbruder unterstützt? Tun sie es deshalb nicht, weil einige sich selbst ständig über diese islamische Regel hinwegsetzen? Oder tun sie es nicht, weil sie nicht selbst unter den Verdacht des „Extremismus“ geraten wollen: „Extremismus der Berührungsexklusivität für den Ehepartner“.
Wo sind zumindest die politischen Presstituierten unter den nichtmuslimischen Journalisten? Haben sie den Muslimen nicht erst vor einem halben Jahr pauschal vorgeworfen, es würde zu ihrer Kultur gehören mitternachts auf deutschen Bahnhöfen Frauen zu begrapschen (und zwar nicht nur die Hand)? Hatten nicht ganze Heerscharen von hasserfüllten Journalisten der muslimischen Kultur vorgeworfen, sie würden das unsittliche Anfassen von leicht bekleideten Frauen geradezu gentechnisch erben? Da kommt jetzt eine Führungspersönlichkeit des Islam und zeigt, dass er einer fremden Frau noch nicht einmal die Hand gibt. Haben sich die hasserfüllten Presstiutierten jetzt für ihr Verhalten vor einem halben Jahr entschuldigt und zugegeben, dass ihre Hetzschriften übelste Verleumdungen gegen den Islam und die Muslime waren? Oder haben sie die neue Chance genutzt, um die Gesellschaft zu spalten, wie sie es fast immer tun, um ihren Geldgebern zu dienen.
Der Fall der Lehrerin, die anscheinend Kerim Uçar zum Handgeben nötigen wollte, ist kein Fall für das Gericht. Und wenn einige Vernunft in der Schule einkehren würde, dann ließe sich der Fall sicherlich immer noch außergerichtlich lösen. Davon sind wir fest überzeugt. Aber der Fall der Lehrerin ist ein exemplarischer Fall dafür, um aufzuzeigen, wie die Spaltung der Gesellschaft funktioniert und wie Medien alles in ihrer Macht liegende tun, um immer mehr Öl in das Feuer des untergehenden Imperialismus und Kapitalismus zu werfen. Es ist auch ein Beispiel für die Schwäche von uns Muslimen, die einen Glaubensbruder, der in den Scheiterhaufen der medialen Hexenverbrennung geworfen wird, im Stich lassen. Auch das sollte aufhören!
Für die viel zu späte Reaktion entschuldigen sich
Dr. Yavuz Özoguz und Dr. Gürhan Özoguz
[1] http://www.eslamica.de
[2] http://www.rbb-online.de/politik/beitrag...erlin-imam.html
[3] http://www.eslam.de/manuskripte/buecher/...nicht_jeden.htm
[4] http://www.welt.de/vermischtes/article15...Hand-geben.html
[5] http://no-hands.de/