Die vergessenen Toten
Dem einen oder anderen Leser dieser Seiten dürfte mittlerweile bekannt sein, dass
Nachkommen des südwestafrikanischen Volksstammes der Hereros die Regierung der
Bundesrepublik Deutschland vor einem amerikanischen Gericht verklagt haben.
Sie fordern dort, direkt an Entschädigungsverhandlungen für die Opfer des von der
damaligen deutschen Besatzungsmacht im Jahr 1904 niedergeschlagenen Aufstandes
ihrer Vorfahren im heutigen Namibia beteiligt zu werden.
Inzwischen hat sich die Beklagte offiziell für deren seinerzeitiges Verhalten
entschuldigt, was den Klägern, denen es ja ersichtlich nur um Geld geht,
selbstverständlich nicht genügt.
Während unsere Medien als wichtige Repräsentanten des hiesigen Schuldkultes
die Berliner Unterwerfungsgeste natürlich eilfertig unterstützen, geraten
andere Tote aus fast der gleichen Zeit nicht in ihr Blickfeld.
Ein durchaus logisches Verhalten, geriete doch ansonsten das sorgsam gezimmerte
Gebäude von der alleinigen deutschen Schuld an jedem Unrecht der beiden Weltkriege
in Gefahr, an vielen Stellen einzustürzen.
Da aber damit zugleich das Fundament dieser unserer hiesigen Staatlichkeit, welches
ja bekanntlich im Bekenntnis zur Singularität, also der Einzigartigkeit unserer
Verbrechen, besteht, nachhaltig erschüttert werden würde, wird jeder Hinweis auf
die Untaten der Kriegssieger brüsk als "unzulässige Relativierung" zurückgewiesen.
Während also in Deutschland der damals in der Wüste Namib verdursteten Afrikaner
ehrend gedacht wird, fiele es demgegenüber hierzulande kaum jemanden ein, auf die
unermessliche Schuld der Briten am Hungertod von acht bis zehn Millionen Persern
während der Endphase des ersten Weltkrieges hinzuweisen.
Dabei ist die Verantwortung Londons für den Tod von mindestens 40 Prozent der
Gesamtbevölkerung des damaligen persischen Reiches eindeutig erwiesen.
Bereits 1915 hatten die Engländer den Süden des heutigen Iran besetzt, während der
Norden durch russische Streitkräfte okkupiert war.
Deren Besatzungsgebiet wurde nach dem Ausbruch der Revolution in Russland
dann ebenfalls eine englische Beute.
All dies geschah im Jahr 1917, wo gleichzeitig in ganz Persien eine bis dahin nie
gekannte Hungersnot ausbrach. Deren Auslöser war dabei insbesondere ein
katastrophaler Weizenmangel.
Die britischen Behörden, die nach dem Völkerrecht als Besatzungsmacht nun eigentlich
für die Bekämpfung dieser Katastrophe zuständig gewesen wären, entzogen sich nun
allerdings in der Folgezeit nicht nur dieser ihrer Verantwortung, sondern sie
bemühten sich sogar darum, die Not noch zu verstärken.
Zur Verwirklichung dieser mörderischen Absicht beschlagnahmten sie nun
beispielsweise alle regionalen Lebensmittelvorräte, sodass schon vor Wintereinbruch
im ganzen Land kaum mehr Nahrungsmittel vorhanden waren.
Zeitgenössische Berichte sprechen für die nachfolgenden Monate deshalb von wahrhaft
unvorstellbaren Zuständen.
Stellvertretend für vieles in diesem Zusammenhang vorgefallene sei hier nur daran
erinnert, dass sich sehr viele Einheimische nun von Baumwurzeln und Tierkadavern
zu ernähren suchten, während die britischen Besatzer das Sterben von Millionen Persern
lachend verfolgten.
Auch nach dem Ende des ersten Weltkrieges, zu dessen unschuldigem Opfer
Großbritannien Persien werden ließ, setzte sich dieses, dank der verbrecherischen
Londoner Politik ausgelöste, Massensterben noch fort, denn erst im Februar 1921
verließen die Briten das Land.
Dieser Genozid, also Völkermord, passt natürlich den Vertretern des hiesigen
einseitigen Schuldbekenntnisses in keiner Weise in ihr einseitiges Weltbild hinein.
Folglich wird er in unseren Breiten auch konsequent totgeschwiegen, was aus
anderen Gründen, im Mutterland dieses einzigartigen Menschheitsverbrechens, für
das die Bezeichnung Holocaust mehr als gerechtfertigt wäre, selbstverständlich
ebenfalls geschieht.
Dabei stellt dieser Holocaust in Persien wahrlich nicht das einzige britische
Verbrechen dar.
Ein Vierteljahrhundert später setzte Großbritannien seine Hungerwaffe nämlich
ebenso rücksichtslos in der Kolonie Indien ein, wo wiederum mindestens
eine Million Menschen mit ihr exekutiert wurden.
Es stellt sich infolgedessen mit radikaler Konsequenz die Frage:
Warum wurden und werden diese mit voller Absicht begangenen britischen Untaten
nicht genauso verurteilt wie heutzutage das damalige deutsche Vorgehen gegen die
afrikanischen Hereros?
Weshalb ergreift hier die heutige iranische Staatlichkeit nicht die Initiative und klagt
als Rechtsnachfolger des damaligen Persien die Londoner Herrschaften vor
internationalen Tribunalen an?
Hat die bisherige Unterlassung dieser eigentlich selbstverständlichen Pflicht gegenüber
den damaligen Toten etwa vielleicht den Hintergrund, dass dadurch Großbritannien,
neben der untergegangenen Sowjetunion, als der größte Massenmörder der
Menschheitsgeschichte entlarvt werden würde?
Es käme bei dieser leider bislang ungenutzt gebliebenen Gelegenheit dann übrigens
auch die Tatsache ans Licht, dass die ersten Konzentrationslager der Historie von
den gleichen Briten in ihrem Vernichtungsfeldzug gegen die einheimischen Buren
in Südafrika zu Beginn des 20.Jahrhunderts gebaut worden sind.
Man sieht allein schon an diesen wenigen Beispielen, wie unermesslich groß das
Londoner Schuldkonto ausfällt.
Dennoch gilt leider auch hier scheinbar oder tatsächlich der Satz:
Der Sieger kann und darf morden, soviel er will. Die Verantwortung trägt trotzdem
der von ihm zuvor Besiegte!
Dass das offizielle Deutschland dem aber noch wahre Orgien des Vergangenheits-
masochismus hinzufügt, dürfte dann aber in der Geschichte der zivilisierten
Menschheit nun ebenso beispiellos sein wie die seinerzeitigen britischen
Gräueltaten es letztendlich sind.
An den deutschen Verbrechen, dies sei hier trotzdem hinzugefügt, ändert dies
aber natürlich auch nichts!