Verfluchtes Schweigen
Vor kurzem hatte ich Gelegenheit, in meiner Geburtsstadt Bamberg einem Vortrag von Frau Nike Kirchhof
beizuwohnen. Bei ihr handelt es sich um eine junge österreichische Menschenrechtsaktivistin, die drei
Monate im Westjordanland weilte, um dort die israelischen Übergriffe gegen die dortige palästinensische
Bevölkerung zu dokumentieren.
Ohne irgendwelche Honorarforderung, informiert sie seitdem über ihre dabei gewonnenen Erkenntnisse in
deutschen Städten Männer und Frauen, welche für Derartiges überhaupt noch ein Ohr haben.
In der Weltkulturerbe-Stadt Bamberg hatte sie sogar das Glück, dass ihr ungemein interessanter Vortrag im
sogenannten "Bistumshaus", also dem zentralen Gebäude des katholischen Erzbistums, stattfinden konnte.
Einen wesentlichen Punkt ihrer Ausführungen stellte dabei die Dokumentation des jüdischen Siedler- bzw.
Kolonisten-Terrors gegen die einheimische Einwohnerschaft dar.
Sie konnte diese Tatsache mit selbst gedrehten Filmaufnahmen sehr gut belegen, was die etwa dreißig Zuhörerinnen
und Zuhörer auch sehr beeindruckte, besser gesagt: erschütterte.
Warum schreibe ich dies hier nieder?
Mir ist bewusst, dass meine zahlreichen Beiträge im "Muslim-Forum" zur Unterdrückung der Palästinenser durch
Israel auf ziemliches Desinteresse bei dessen Leserschaft stoßen.
Allerdings ist und bleibt Palästina dennoch bei der Beurteilung des aktuellen Islam von großer Wichtigkeit.
Denn es wäre ja die unbedingte moralische Pflicht, dass die dieser Religion angehörenden Menschen ihren dortigen
Glaubensschwestern- und -brüdern helfen, dem israelischen Besatzungsregime zu widerstehen.
Leider geschieht aber oft genug das genaue Gegenteil.
Die diplomatische Anerkennung Israels durch die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain stellt hier nur das jüngste,
wenngleich widerlichste, Faktum des Verrats zu Lasten der Palästinenserinnen und Palästinenser dar.
Die dafür Verantwortlichen beweisen jedenfalls, dass sie diese Weltreligion nur als Mittel zum Zweck ansehen- der aber
besteht wiederum nur darin, mit ihr die eigene Macht zu verstärken.
Damit nähert sich aber der diesen Irrweg beschreitende Teil des Islams in rasender Geschwindigkeit dem Christentum,
wo die gleiche Verhaltensweise schon seit mehr als einem Jahrtausend nachweisbar bleibt.
Natürlich soll und darf hier keineswegs der Verallgemeinerung das Wort geredet werden, aber das Aufgezeigte kann
auch nicht so einfach von der Bildfläche getilgt werden.
Jener Widerspruch zwischen religiöser Pflicht und tatsächlichem Handeln, ist also gerade auch für den Islam zu einer
großen Herausforderung geworden, welche sehr stark über dessen künftiges Ansehen entscheiden wird.
Dies hat nichts mit "Hetze" zu tun, wie mir Herr Schneider vielleicht im genannten Zusammenhang unterstellen könnte.
Derartige Feststellungen drängen sich bei einer Betrachtung der mangelhaften Unterstützung Palästinas durch die mus-
limisch- sunnitische Welt ja förmlich auf.
Die sich daraus nun wiederum für sie ergebende moralische Diskreditierung trifft aber nun nicht nur die dafür Verantwortlichen,
sondern auch die Religion, welche in diesen Weltregionen in aller Regel der Islam ist.
Sein dadurch bereits entstandener Glaubwürdigkeitsschaden kann dabei schon heute als sehr beträchtlich angesehen werden.
Er könnte nur durch das Erweisen aktiver Solidarität durch die islamische Umma für die palästinensische Freiheitsbewegung
gemindert werden.
Da aber stattdessen wohl genau das Gegenteil befürchtet werden muss, dürfte der sunnitische Islam noch mehr an moralischem
Kredit verlieren, als er ohnehin bereits durch die Missachtung der Belange Palästinas in der Politik wichtiger muslimischer Länder
eingebüßt hat.
Traurig, aber wahr!