Gedanken zur bevorstehenden Bundestagswahl
Immer mehr Muslime im Land dürfen das Geschick des Landes durch ihre Wahlstimme mitbestimmen, aber wen sollen sie wählen? Einige Gedanken dazu von. Dr. Yavuz Özoguz.
Am liebsten würde ich eine Partei wählen, die zumindest ansatzweise freiheitliche, friedvolle, gerechtigkeitsorientierte, also islamische Werte vertritt. In dem einen oder anderen Bundesland soll das tatsächlich schon möglich sein, aber in den mit Abstand meisten Bundesländern tritt eine solche Partei nicht an. Wenn das nicht der Fall ist, würde ich gerne eine Partei wählen, die zumindest christliche Werte vertritt und den Begriff „Nächstenliebe“ noch nicht vergessen hat. Aber solch eine Partei gibt es in Deutschland schon lange nicht mehr. Und die Partei, die immer noch unverschämterweise das „C“ in ihrem Namen hat, ist wohl unter allen antretenden Parteien die unchristlichste, denn sie heuchelt etwas vor und vertritt das genaue Gegenteil. Unter Merkel sind die Armen ärmer und Reichen reicher geworden und unter Merkel ist Deutschland zu einer Kriegspartei an der Seite von Völkerrechtsverbrechern mutiert; mehr als zuvor. Bundeskanzlerin Merkel selbst hat den Antizionismus, also die Bewegung, die die verbrecherische Ausbreitung eines rassistischen Israels verurteilt, als illegitim bezeichnet. So stellt sich bei dieser Bundeskanzlerin zunehmend die Frage, für welche Verfassung sie eigentlich ihren Amtseid geleistet hat; die deutsche kann es nicht gewesen sein, denn als Staatsräson erklärt sie Dinge, die teilweise Deutschland zu Kriegsverbrechen bewegen könnte und zum Schaden Deutschland führt. Außerdem hat Deutschland keine Verfassung, sondern ein begrenztes Grundgesetz, das in Artikel 146 die Schaffung einer Verfassung durchaus vorsieht.
Also würde ich zumindest eine Partei wählen, die Artikel 146 des Grundgesetzes umsetzen und Deutschland unabhängig von den Kriegsverbrechern der USA und Israels gestalten will. Ich würde gerne ein Atomwaffenfreies Deutschland miterleben, in dem die USA nicht ihre Atomwaffen auf startklaren Raketen lagern kann, wo immer sie es wünschen. Doch keine einzige Partei sieht so etwas – nicht einmal für die ferne Zukunft – in ihrem Wahlprogramm vor.
Wenn das auch nicht möglich ist, so würde ich zumindest gerne eine Partei wählen, die eine der Ursachen für die gesamte Ungerechtigkeit auf dieser Erde, wozu der Kapitalismus mit ihrem verbrecherischen Zins- und Zinsenszinssystem gehört abgeschafft will; selbst wenn es nur eine utopische Idee wäre. Aber nicht einmal solch eine Partei gibt. Linke und Rechte unterscheiden sich nur dadurch, wie sie das perverse Zinsenszinssystem für die Bedienung ihrer Wahlklientel nutzen wollen. Wirklich Abschaffen will es niemand.
Als Muslim stehe ich vor dem Dilemma, dass ich wirklich keine Wahl habe. Wenn die Situation schon so ist, dass ich nicht „für“ etwas wählen kann, dann kann ich ja eventuell gegen etwas wählen. So ist die amtierende Bundesregierung zweifelsfrei die aus meiner Sicht islamfeindlichste, die wir jemals hatten. Also kann ich die CDU/CSU nicht wählen. Auch die FDP kommt nicht in Frage, denn die ist zwar nicht so direkt islamfeindlich, aber durch ihren Marktliberalismus vertritt sie in meinen Augen pure Unmenschlichkeit. Doch auch die SPD kann ich nicht wählen, denn die stellt sich darauf ein, in einer großen Koalition wiederum Frau Merkel regieren zu lassen. Die Grünen sind für mich nicht einmal mehr einen Gedanken wert, denn die haben sich von der pazifistischen Partei alternativer Idealisten zur Kriegspartei von Besserverdienern entwickelt. Selbst wenn ich die Grünen wählen würde, wäre das eine Stimme für Merkel, denn die kann sich dann aussuchen, mit wem sie regiert. Und dass die Grünen viele ihrer Ideale über Bord wirft, nur um mitherrschen zu dürfen, hat sie meines Erachtens schon oft genug bewiesen. Ganz nebenbei sei erwähnt, dass alle Parteien und alle Spitzenkandidaten Dreck der Vergangenheit in ihren Schubladen haben, die von den Machthabern zu gegebener Zeit (aber merkwürdigerweise nie vorher) rausgeholt und verbreitet wird, selbst wenn es Jahrzehnte zurück liegt. Eine vor Jahrzehnten geäußerte falsche Meinung, die inzwischen korrigiert wurde, kann aber nicht Maßstab für eine Wahlentscheidung sein. Meine Ablehnung gegen die Grünen ist vor allem in deren Kriegspolitik begründet.
Was den Krieg angeht, so ist „die Linke“ die einzige noch halbwegs glaubhafte Partei, die Deutschland aus den Verbrechen der USA und Israels heraushalten will. Zumindest behauptet sie das, und ich muss ihr dies glauben, so lange nicht das Gegenteil bewiesen ist (z.B. durch eine Regierungsbeteiligung). Eine starke Linke könnte dazu führen, dass die amtierende Bundesregierung keine eigene Mehrheit mehr hat und daher die große Koalition vorzieht. Das hätte zur Folge, dass die Wähler eines Antikriegskurses in der SPD immer mehr mit den Linken sympathisieren, was wiederum für zukünftige Wahlen hilfreich sein kann. Da die Kriegsproblematik für mich an oberster Priorität bei allen genannten Aspekten steht, bliebe mir so gesehen nur noch die Wahl, die Linke zu wählen (außer ich lebe in einem Bundesland mit glaubhafter muslimischer Partei auf dem Wahlzettel). Ich möchte kein Deutschland, dass an der Seite der USA und Israels in den dritten Weltkrieg zieht! Und es gibt nur noch eine Partei im Bundestag, die das glaubhaft vertritt. Mein Test im Wahlomaten hat zudem mit der Linken auch die höchste Übereinstimmung von ca. 75% ergeben. So gesehen könnte ich also die Wahlempfehlung aussprechen, die Linke als geringstes Übel zu wählen, wenn da nicht noch ein Aspekt wäre, der mir große Kopfschmerzen bereitet.
Die Linke will kleinen unschuldige Waisenkinder, die bereits durch den Verlust der Eltern schwer geprüft sind, zwei „Mütter“ bzw. zwei „Väter“ aufzwingen. Das erscheint für mich ebenfalls als ein Verbrechen, an dem ich nicht mitschuldig sein will, auch nicht durch meine Wahlstimme. Meine einzige Hoffnung ist, dass jenes Anliegen der Linken nie zum Tragen kommt, denn in Deutschland gibt es viel mehr adoptionswillige Ehepaare als Waisenkinder, so dass nur noch die „schwersten“ und schwer vermittelbaren Fälle in Frage kämen. Und bei denen will ich nicht entscheiden, ob das Waisenheim oder die unnatürliche Partnerschaft das geringere Übel ist.
Ich selbst werde – da es in meinem Bundesland keine muslimische Partei auf den Wahlzettel gibt – dieses Mal wiederum „die Linke“ wählen. Ich habe aber auch vollstes Verständnis für jeden, der z.B. einen ungültigen Wahlzettel abgibt, auf dem er „gegen den Krieg“, „gegen eine US-Kazlerin“, „für Frieden und Freiheit in Gerechtigkeit“ oder ähnliches Sinnreiches darauf schreibt. Jetzt mag man ragen, worin denn der Unterschied besteht zwischen Nichtwählen und Abgabe eines ungültigen Wahlzettels. Der Unterschied ist riesig, denn die ungültigen Wahlzettel werden mitgezählt und als „ungültige Stimmen“ angegeben. Geht jemand nicht zur Wahl, so führt seine Trägheit dazu, dass seine Stimme genau so verteilt wird, wie die anderen Wähler es wünschen. Geht er hingegen wählen, hat zwar seine Stimme ebenfalls keinen Einfluss – und die Stimme wird genau so gewertet, wie die des Nichtwählers – aber immerhin taucht die Stimme als ungültig in der Statistik auf. Und man stelle sich einmal vor, nur die Hälfte der derzeitigen Nichtwähler würde einen ungültigen Stimmzettel abgeben. Der Protestcharakter könnte von den Parteien nicht mehr ignoriert werden. Hingegen die Nichtteilnahme führt dazu, dass die Parteien sie ignorieren.
Ich werde also die Linke wählen und verzichte auf das mir zustehende Wahlgeheimnis, weil viele Leser mich danach gefragt haben. Ich hoffe, meine Erläuterung hilft weiter bei der Wahlentscheidung. Zum Abschluss noch eine kleine Anekdote: Im Vorstand der Linken sitzt eine „geborene“ Muslima, sie weiß es allerdings wohl nicht. Aber sind wir nach muslimischem Verständnis nicht alle als Muslime geboren? Ja, selbst Frau Merkel! Manch wundersame Entwicklung geht auch in die falsche Richtung.