#27 von
Thomas Steffen
, 13.08.2016 10:56
Zitat
Von der Erkenntnis zum Bekenntnis
... Nie werde ich diesen sonnigen Sonntagnachmittag im Juni 1988 vergessen. Ich saß auf dem Balkon meines Elternhauses und blickte über unseren Garten im ersten Frühlingsgrün. Ich las ein Buch über die Rückkehr des Iran zum Islam, weil es von einem meiner Lieblingsautoren geschrieben worden war – nicht aus Interesse am Islam.
Plötzlich und völlig unerwartet hatte ich das Gefühl, die Sonne am strahlend blauen Himmel habe sich in einen Lichtblitz von unglaublicher Helle verwandelt, und in diesem Augenblick erkannte ich: Es gibt nur einen Gott: Allah, und der Islam ist die letzte von Ihm offenbarte Religion!
Ich spürte in mir eine augenblickliche totale Veränderung: Hatte ich bis zu diesem Moment die Bäume vor mir ganz naturwissenschaftlich als Dinge, als biologische Phänomene in einer astronomischen Umgebung – Himmel und Erde – betrachtet, so erkannte ich nun meine Umwelt als Schöpfung Allahs. Und ein unglaubliches Gefühl durchflutete mich, ein Gefühl, das ich später im Qur´an beschrieben fand: "Wen Allah rechtleiten will, dem weitet Er die Brust für den Islam." (Sura 6:125) Es war, als seien metallene Ringe von meiner Brust genommen worden und als könne ich zum erstenmal wirklich frei atmen. […]
Ich war so aufgewühlt, daß ich nicht mehr weiterlesen konnte. Stattdessen ging ich ins Wohnzimmer, um in einem alten Wörterbuch den Begriff Islam nachzuschlagen. Die paar Zeilen dort machten mich nicht viel schlauer, darum ging ich am nächsten Tag nach Dienstschluß sofort in einen Buchladen und kaufte mir mein erstes Buch über den Islam. 1988 war das gar nicht so einfach, denn der Islam hatte noch keine Konjunktur. […]
Um so viel wie möglich über den Islam in Erfahrung zu bringen und herauszufinden, wie man Muslim wird oder ob es irgendeinen Grund gab, nicht Muslim zu werden, kaufte und las ich so gut wie jedes Buch, das in deutschen Buchläden erhältlich war, bei Reisen nach Amsterdam, London und in die USA füllte ich Rucksack und Koffer mit weiteren Büchern […]
Je mehr ich über den Islam herausfand, desto stärker wurde allerdings in mir der Wunsch, meiner blitzhaften Erkenntnis zu folgen, das Bekenntnis zum Islam abzulegen und damit Muslim zu werden. Ich stellte mir vor, welche Antwort ich Allah am Tag des jüngsten Gerichts auf Seine Frage, warum ich Seinem Fingerzeig nicht gefolgt sei, geben sollte. Und ich stellte fest, daß ich bist jetzt keinen Grund gefunden hatte, Seinem Zeichen nicht zu folgen. […]
Irgendwann sprach mich auch mein Vater, mit dem ich zusammen lebe, an, und er fragte mich, ob ich ihm nicht etwas über den Islam sagen könne, da ich mich seit Monaten mit nichts anderem mehr beschäftige. Ich erklärte ihm die drei wichtigsten Unterschiede zum Christentum, und darauf meinte er: "Das scheint ja eine vernünftige Religion zu sein. Ich freue mich, daß Du den Weg dazu gefunden hast!" Damit war dieses Thema für ihn abgeschlossen.
Ich nahm deshalb ein letztes Mal allen meinen Mut zusammen, um die saudische Botschaft anzurufen und um einen weiteren Termin zu bitten. An einem klaren Märztag mit strahlendem Sonnenschein ging ich und legte vor mehreren Zeugen mein Bekenntnis zum Islam ab. Es war sicherlich fürchterliches Arabisch, aber es kam aus der Tiefe meines Herzens:
"Aschadu an, la ilaha illa Allah,
wa aschadu ana, Muhammadun rasulu Allah!"
"Ich bezeuge, es gibt keine Gottheit neben dem einzigen Gott
und ich bezeuge, Muhammad ist sein Prophet."
Nachdem mich die Anwesenden beglückwünscht und mir ein langes Leben gewünscht hatten, begann einer von ihnen über meine frühere Religion zu sprechen. Er drückte die Hoffnung aus, daß ich nun, nachdem ich diesen bedeutenden Schritt getan hätte, nicht mit Zorn auf das Christentum zurückblicken würde. Denn Muslime verehren auch Jesus als Propheten und Maria, seine Mutter. Und als ob er mir eine Brücke bauen wollte zwischen meiner alten und meiner neuen Religion, fügte er tröstend hinzu, daß Muslime nicht glauben, daß Jesus selbst getötet worden sei. (Sura 4:157) Diese Worte bedeuteten sehr viel für mich und sie machten mich glücklich, denn ich wußte nun, daß ich, ohne meine Vergangenheit verleugnen zu müssen, in meiner neuen Zukunft leben konnte.
Christian H. Hoffmann:
"Zwischen allen Stühlen"
Ein Deutscher wird Muslim
Bouvier Verlag, Bonn
S. 25 ff.
Wahrlich, Wir haben dir das Buch mit der Wahrheit für die Menschen herabgesandt.
Wer dann rechtgeleitet ist, der ist es zu seinem eigenen Besten;
und wer irregeht, der geht dann irre zu seinem (eigenen) Schaden.
Und du bist nicht ihr Sachwalter.
(Qur´an 39:41)O du ruhige Seele!
Kehre zurück zu deinem Herrn wohlzufrieden und mit (Allāhs) Wohlwollen.
So schließ' dich dem Kreis Meiner Diener an.
Und tritt ein in Mein Paradies.
(Qur´an 89:27-30)
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››› Christian H. Hoffmann (1948 - 2015): Dipl.-Volkswirt, im Zeitraum 1974 bis 1995 diverse Ämter in Junger Union und CDU, unter den Generalsekretären Biedenkopf und Geißler Referent in der Planungsgruppe und Kunstreferent, Pressesprecher im Bonner CDU-Kreisvorstand, 1989 Bekenntnis zum Islam, beruflich zunächst weiter in der Öffentlichkeitsarbeit der Bundes-CDU tätig, 1995 Niederlegung seiner Funktionen in der CDU, im weiteren Verlauf Parteiaustritt, vielfältige Veröffentlichungen