Lieber Herr Dr. Haas,
Israel ist kein Maßstab für unser Handeln im Muslim-Markt, Imam Chamenei schon. Dazu eine Geschichte aus dem Leben Imam Chameneis. Es war zur Schah-Zeit üblich, dass man revolutinäre Geistliche und revolutionäre atheistische Kommunisten zusammen in eine Zelle gesteckt hat, damit sie sich gegenseitig bekämpfen. Die Idee dahinter war sehr einfach. Ein bekennender Atheist ist aus Sicht eines "Religiösen" spirituell unrein. Das hat zur Wirkung, das man z.B. nicht zusammen aus einem Teller essen kann, nicht gemeinsam ein Glas verwenden kann (ohne es vorher zu reinigen) usw. In den meisten Fällen gelang auch diese Art der Zwiepalterzeugung durch das Schah-Regime. Bei Imam Chamenei funktionierte es nicht. Sein damals erzkommunistischer Zellenpartner erzählte viele Jahre nach der Revolution die Begebenheit, wie Imam Chamenei in die Zelle kam und der Kommunist schon die Augen verdrehte vor solch einem "Geistlichen". Doch Imam Chamenei machte keinerlei Anstalten, unterhielt sich immer sachlich und sehr freundlich mit dem Kommunisten, kannte den Kommunismus besser als der Kommunist und aß mit ihm vom gleichen Teller usw. Der Mitgefangen war mehr als erstaunt, denn gleichzeitg betete jener Mitgefangene und stand auch tief in der Nacht zu zuzsätzlichen freiwilligen Gebeten auf, die er aber sehr leise verrichtete, um den Mitgefangenen nicht zu stören. Als Imam Chamenei (vor dem Kommunisten) frei kommen sollte, frage er seinen Zellenanchbarn, ob er etwas für ihn draußen erledigen könne. Der Zellennachbar gab ihm einen Brief mit für seine Angehörigen und bat ihn um einige Dinge. Als der Kommunist später selbst herausgekommen ist, erfuhr er, dass Imam Chamenei alle Aufträge exakt erfüllt hatte, was sein Herz erweichen ließt und er anfing nachzudenken.
Ich weiß nicht, ob es gelingt das Herz von Frau Queck zu erwecken für die Wahrheit, die vom Kommunismus sicherlich nicht mitgetragen wird. Ich würde es ihr wünschen. Aber ich weiß, dass hier sowohl viele "Rechtsradikale" als auch "Linksradikale" mitlesen, denen auch meine Aufmerksamkeit gilt. Ich erinnere mich nur an meine Reise in den Iran mit ca. 15 intellektuellen Deutschen, von denen ca. 5 als "rechtsradikal" eingestuft werden könnte und ca. 5 als "linksradikal". Die meisten sind so geblieben, wie sie waren oder sind noch schlimmer geworden. Aber zu einem vermeintlich rechtsradikalen Paar habe ich heute noch gute Beziehungen und wir Duzen uns und zu einem vermeintlich linksradikalen Paar genau so.
Ich halte nichts von diesem Schlubladendenken. Wenn ich mir z.B. den Text von Frau Queck ansehe, so steht da zwar das Wort "Kommunismus" oder "Sozialismus" darüber, weil sie kein anderes Wort für das kennt, was sie beschreiben möchte, aber das, was sie beschreibt, sind doch erhabene und gesegnete Wünsche, die wir doch alle haben. Jene Wünsche haben zwar mit der Realität nichts zu tun, aber sie zeigen, dass zumindest im Herzen ein Ideal angesprochen wird, dazu einige Beispiele:
"1. Die DDR war der 1. deutsche Friedensstaat der Welt."
Was für eine Realitätsverdrehung. Kein Friedensstaat der Welt hindert seine eigenen unbewaffneten Bürger mit Mauern und Schießbefehl Grenzen zu überschreiten. Aber selbst wenn man dafür noch eine Rechtfertigung finden sollte, so kann man durchaus aufzählen, wo DDR-Soldaten mitgemischt haben. Allein die Reihe der muslimischen Länder, in denen DDR-Offiziere als "Berater" tätig waren, diente nicht etwa zum Schutz der Bevölkerung und der Befreiung, sondern lediglich der "Abwehr" des Westens. Algerien, Libyen, Irak, Syrien und Südjemen wurden von DDR-Soldaten unterstützt, aber deren Regierungen waren zumeist nicht einmal kommunistisch sondern lupenreine Diktatoren! Alleind er Begriff "Nationale" Volksarmee zeigt, den Charakter eines Systems, das "Nation" im westlichen Sinn aufrecht erhielt. Aber all das und noch viel mehr hat Frau Queck nicht geschrieben. Ihr Wunsch war ein erster "Friedensstaat". Ist jener Wunsch nicht zu unterstützen?
"2. Die DDR hielt sich an internationale Gesetze und das Völkerrecht und führte keine Angriffskriege gegen andere Staaten."
So lange es die DDR gab, galt das auch für die BRD. Allerdings ist zu hinterfragen, was denn ein "internationales Gesetz" wert ist, bei dem 5 Staaten durch Veto-Recht jedes Unrecht in Recht verwandeln können. Wer solch ein ungerechtes Weltsystem mitträgt, muss sich schon selbst hinterfragen, wie weit das Ideal von der Realität abweicht. Mir ist kein DDR-Spietzenfunktionär bekannt, der das undemokratische Veto-Recht angeprangert hat.
"3. Die DDR war ein sozialistischer Staat in der Anfangsetappe."
In bestimmten Bereichen war die DDR ganz sicher nicht mehr in der Anfangsetappe. In der Verbannung Gottes aus der Gesellschaft und den Herzen der Menschen und in der Verbannung von Nächstenliebe war die DDR viel weiter als die BRD und das kann man heute noch in allen jenen Bundesländern zu spüren bekommen. Ein Muslim in Deutschland ist in allen ehemaligen DDR-Bundesländern viel gefährdeter als in der BRD!
"4. Die DDR war ein weltweit anerkannter Industriestaat, der an 10. Stelle der Welt stand."
Mag sein, aber warum ist das eine Auszeichnung, wenn man im Wettkampf mit einem an Wahnsinn grenzenden Kapitalismus mithalten kann aber gleichzeitig die Bedrüfnisse der eigenen Bevölkerung nicht stillt. Selbst im vergleichsweise armen Irak kann man im Supermarkt mehr kaufen, als jemals in der DDR.
"5. Die DDR besaß eine ausgezeichnete Landwirtschaft, die in den letzten Jahren in der Lage war, ihre Bevölkerung selbstständig mit Produkten aus der eigenen Landwirtschaft, Fleisch, Wurst, Obst, Gemüse, Eier usw. zu versorgen, ja sie brauchte nicht einmal Weizen einzuführen !"
Das ist zwar eine sehr wichtige Errungenschaft für jedes Land der Erde, aber ich verstehen nicht, worin hierbei die Überlegenheit gegenüber der BRD bestehen soll!?
"6. Die DDR war ein Staat des Volkes."
Das Volk wohnte nicht in den Häusern, in denen die Spitze wohnte. Der Prophet des Islam und sein heutiges Spiegelbild seines Spiegelbildes Imam Chamenei leben so bescheiden, wie die Ärmsten im Land. Das kann man von DDR-Oberen sicherlich nicht sagen. Dennoch stimmt die Aussage wahrscheinlich. Denn das Volk wurde zu Materialismus erzogen und in diesem Sinn lebten die Spitze auch materialistisch. Dennoch: Ist hier nicht wieder ein Wunsch vorhanden, den die DDR zwar nie erfüllen konnte, aber der ein Ideal ist, der zu unterstützen wäre?
"7. Der Mensch stand im Mittelpunkt, nicht das Geld."
Wenn ein rein materialistischer Mensch im Mittelpunkt steht ohne Gott, worin unterscheidet sich die Denkweise dann vom reinen Kapitalismus außer in der möglichen nicht ganz so extremen Ungleichverteilung? In Artikel 4 der DDR-Verfassung stand aber "Lebenssstandart" vor der Würde des Menschen. In Artikel 20 glaubte man auch in der DDR-Verfassung, dass man Menschen nach Rassen unterteilen kann. Insofern war das, was als Mensch beschrieben wurde, nur eine Art Tier, wie ihn auch der westen sieht. Aber auch hier gilt, wäre es nicht schön, wenn es eine Verfassung gäbe, bei der der Menschen im Mittelpunkt steht. Alt-Kommunisten träumen vielleicht von einem Ideal, das nie erreicht worden ist. Älteren MeEnschen fällt es schwer sich selbst Fehler im eigenen Leben einzugestehen und das Leben und die Denkweise zu ändern, aber gilt das nur für Alt-Kommunisten?
"8. In der DDR war die Gleichberechtigung von Mann und Frau—auch lohnmäßig—gesetzlich verankert."
Auch in der DDR gab es kein Hausfrauengehalt oder Kindererziehungsgehalt. Vielmehr musste man seine Kinder frühzeitig abgeben, damit man weiter "werktätig" sein konnte. Die Arbeit für das eigene Heim und die familäre Erziehung der eigenen Kinder galt nicht als "werktätig". Wahre Gleichberechtigung berücksichtigt die Unterschiede von Mann und Frau. Dazu bedarf es aber eines anderen Menschenbildes. Der Wunsch nach Gleichberechtigung ist aber zu unterstüzen.
"10. In der DDR gab es ein Mehrparteiensystem, geführt von der SED."
Ist das wirlich ein anzustrebendes Ziel? Sollte es nicht Volksvertreter geben und nicht Volksvertreterparteien?
In diesem Stil könnte man jeden der genannten Aspekte viel intensiver behandeln. Aber wenn jemand verstehen möchte, warum wir hier "kommunistische Propaganda" nicht unterbinden, so sollte auch verstanden werden, dass die Situation in Detuschland eine andere ist als im Iran. Die wahren gerechtigktisliebenden Menschen in diesem Land sind unter dem von Verfassungschutz beoabachteten "Radikalen" links wie rechts. Ältere unter jenen Personen sind in ihren Denkstrukturen meist verkrustet und können nicht mehr flexibel umdenken. Aber besteht jene Gefahr nicht bei uns allen?
Wir hatten letztens eine interessante Diskussion über einen bstimmten Vers im Heiligen Quran, bei dem ein aufgebrachter Gläubiger gefragt hat, wie es überhaupt sein kann, dass irgendjemand jenen Vers anders versteht oder interpretiert (was getan wird). Meine Gegenfrage war: Wie kann es in der heutigen Zeit sein, dass jemand nicht Muslim, nicht Schiit und nicht Anhänger Imam Chameneis ist? Der Fragendem war überrascht über meine Gegenfrage, denn die Mehrheit der Menschheit sind keine Muslime, die Mehrheit der Muslime sind keine Schiiten und die Mehrheit der Schiiten sind keine Imam Chamenei-Anhänger. So stehen wir also alle immer wieder vor der Wahl, und genau jene Wahlmöglichkeit wollen wir unseren kommunistischen Lesern in diesem Forum weiter offen halten - so Gott will!